TRBA 250: Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege, 4 Schutzmaßnahmen

4 Schutzmaßnahmen

(1) Um einer möglichen Gefährdung der Beschäftigten durch Infektionserreger und sonstige Biostoffe entgegenzuwirken, hat der Arbeitgeber die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu veranlassen. Die Maßnahmen ergeben sich aus der Zuordnung der Tätigkeiten hinsichtlich ihrer Infektionsgefährdung nach Abschnitt 3.4 in eine der vier Schutzstufen. Bei allen Tätigkeiten im Anwendungsbereich dieser Regel sind die Mindestschutzmaßnahmen einzuhalten (siehe 4.1), sofern in Abschnitt 5 keine Ausnahmen formuliert sind.

(2) Bei Tätigkeiten, die den Schutzstufen 2 bis 3 zugeordnet werden, ist dieser allgemeine Mindeststandard durch weitere Schutzmaßnahmen entsprechend den Abschnitten 4.2 bis 4.3 zu ergänzen. Die Schutzmaßnahmen der Schutzstufen 2 oder 3 sind in Abhängigkeit vom Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung gegebenenfalls tätigkeits- und arbeitsplatzbezogen anzupassen.

(3) Auf besondere Arbeitsbereiche und Tätigkeiten, bei denen gegebenenfalls zusätzliche Schutzmaßnahmen notwendig sind oder auf einige Maßnahmen auch verzichtet werden kann, wird in Abschnitt 5 eingegangen. Hier werden auch die Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten in der ambulanten Pflege behandelt, für welche gemäß BioStoffV keine Schutzstufen festgelegt werden müssen (§ 2 Absatz 14 in Verbindung mit § 5 Absatz 1 BioStoffV).

(4) Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 4 werden in der TRBA 252 geregelt. Diese beschreibt unter anderem Ausnahmesituationen, in denen Patienten außerhalb einer Sonderisolierstation versorgt werden müssen.

(5) Im Falle einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite sind zusätzlich die Schutzmaßnahmen der TRBA 255 anzuwenden.

(6) Spezifische Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten im Gefahren- und Absperrbereich bei akuten biologischen Gefahrenlagen werden in der TRBA 130 "Arbeitsschutzmaßnahmen in akuten biologischen Gefahrenlagen" geregelt. Diese Gefahrenlagen können durch die Verbreitung von Mikroorganismen und deren Toxinen entstehen, z. B. verursacht mit krimineller Absicht oder durch Schadensereignisse in Produktionsstätten und Laboren sowie bei Unfällen beim Transport von Biostoffen.

Die TRBA 130 regelt nicht mehr die anschließenden Tätigkeiten in der Versorgungseinrichtung.

Durch eine Dekontamination am Einsatzort soll verhindert werden, dass äußerlich kontaminierte Personen Krankenhäuser betreten. Dennoch sollten Einrichtungen Notfallpläne bereithalten, falls kontaminierte Selbsteinweiser oder verletzte Patienten, bei denen eine Dekontamination nicht möglich war, eingeliefert werden. Diese Notfallpläne sollten eine Möglichkeit zur äußeren Dekontamination, die Festlegung geeigneter Wegeführung und Räumlichkeiten sowie Schutzausrüstung für die Beschäftigten umfassen. Diese kann in Anlehnung an die Schutzmaßnahmen für die Schutzstufe 3 bzw. 4 festgelegt werden (unter Einbindung und Beachtung der TRBA 252).

4.1 Mindestschutzmaßnahmen

4.1.1 Hygienische Händedesinfektion

(1) Dort wo eine hygienische Händedesinfektion erforderlich ist, sind Desinfektionsmittelspender bereitzustellen. Die Mindestanforderungen an einen hygienischen und sicheren Betrieb dieser Spender sind zu beachten.

Hinweis: Desinfektionsmittel sind nach Anbruch der Verpackung nur über einen begrenzten Zeitraum zu nutzen. Gemäß der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) "Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens" Kapitel 7 muss auf dem Desinfektionsmittelbehälter oder separat das Anbruchs- oder das Ablaufdatum dokumentiert sein.

(2) Vor Verlassen des Arbeitsbereichs ist aus Gründen des Beschäftigtenschutzes nach

  1. Patientenkontakt,
  2. Kontakt zu potenziell infektiösen Materialien oder Oberflächen
    oder
  3. Ausziehen der Schutzhandschuhe

eine hygienische Händedesinfektion durchzuführen.

Hinweis: Aus Patientenschutzgründen erfolgt eine hygienische Händedesinfektion auch vor Patientenkontakt bzw. vor aseptisch durchzuführenden Tätigkeiten.

4.1.2 Waschgelegenheit

(1) Den Beschäftigten sind leicht und schnell erreichbar Handwaschplätze mit fließendem Wasser (Trinkwasserqualität), Spendern für Hautreinigungsmittel und Einmalhandtücher zur Verfügung zu stellen.

(2) Handwaschplätze sind technisch so auszugestalten, dass eine Kontamination der Beschäftigten vermieden wird, detaillierte Angaben zur Ausgestaltung eines Handwaschplatzes siehe auch die KRINKO Empfehlung "Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens" Kapitel 5.1.

(3) Sind aufgrund der Tätigkeit Hautkontaminationen zu erwarten, die nicht nur die Hände betreffen, sind den Beschäftigten entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung geeignete Wasch- und Duschmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.

(4) Absatz 1 gilt nicht für Rettungs- und Krankentransportfahrzeuge. Hier sind alternative Mittel zum Reinigen und Trocknen der Hände zur Verfügung zu stellen.

4.1.3 Hautschutz und -pflege

(1) Händewaschen ist grundsätzlich hautbelastend und daher auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren. Auf den Vorrang der Desinfektion vor der Reinigung wird hingewiesen. Tätigkeiten in feuchtem Milieu führen zu einer erhöhten Hautbelastung. Die Kombination von Händewaschen und Händedesinfektion im Wechsel mit dem Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen kann bereits bei einer geringeren Waschfrequenz zu gefährdenden Arbeitsbedingungen durch Feuchtarbeit führen. Der Arbeitgeber hat zu prüfen, ob solche Belastungen reduziert werden können. Insbesondere sollen Handschuhe nur so lange, wie eine diesen Schutz erfordernde Tätigkeit ausgeübt wird, getragen werden.

(2) Schäden an der Hautbarriere erhöhen das Infektionsrisiko bei Kontakt mit potenziell infektiösen Körpersekreten. Daher ist konsequenter Hautschutz und -pflege auch eine präventive Maßnahme der Infektionsvermeidung.

(3) Der Arbeitgeber hat geeignete Hautschutz- und -pflegemittel zur Verfügung zu stellen. Er hat einen Hautschutzplan zur Auswahl von Präparaten für Hautreinigung, -schutz und -pflege zu erstellen und die Beschäftigten mindestens jährlich und vor Verwendung neuer Präparate zu deren regelmäßiger und richtiger Anwendung zu unterweisen.

(4) Wegen des Risikos einer Hautschädigung und wegen Perforationsgefahr sind Schutzhandschuhe und medizinische Einmalhandschuhe nur auf trockene Hände anzuziehen.

(5) Bei längerem Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen können zusätzlich Unterziehhandschuhe aus Baumwolle oder aus anderen Geweben mit vergleichbaren Eigenschaften (Saugfähigkeit, Hautverträglichkeit) sinnvoll sein. Sie müssen spätestens gewechselt werden, wenn sie feucht geworden sind.

Hinweise: Beschäftigten, bei denen Hautschäden im Bereich der Unterarme und Hände vorliegen, ist eine direkte Vorstellung beim Betriebsarzt anzuraten.

Siehe auch TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen".

4.1.4 Oberflächen

Oberflächen (Fußböden, Arbeitsflächen, Oberflächen von Arbeitsmitteln) müssen leicht zu reinigen und beständig gegen die verwendeten Reinigungsmittel und gegebenenfalls gegen die eingesetzten Desinfektionsmittel sein.

Die Aufbereitung von Instrumenten wird im Abschnitt 5.4. beschrieben.

Hinweis: Siehe auch Technische Regel für Arbeitsstätten "Fußböden ASR A1.5"

4.1.5 Belüftung

Als grundlegende Maßnahme ist für eine adäquate Belüftung der Räumlichkeiten zu sorgen.

Hinweis: Siehe Technische Regel für Arbeitsstätten "Lüftung ASR A3.6"

4.1.6 Hygieneplan

(1) Der Arbeitgeber hat für die einzelnen Arbeitsbereiche entsprechend der Gefährdungsbeurteilung Maßnahmen zur Vermeidung einer Infektionsgefährdung in Form eines Hygieneplans schriftlich festzulegen und dessen Befolgung zu überwachen. Der Hygieneplan soll Regelungen zu Reinigung, Desinfektion und ggf. Sterilisation, sowie zur Ver- und Entsorgung enthalten. In Krankenhäusern ist die Entsorgung mit dem Betriebsbeauftragten für Abfall gemäß § 2 Abfallbeauftragtenverordnung einvernehmlich abzustimmen.

Hinweis: Tätigkeiten mit Desinfektionsmitteln unterliegen der Gefahrstoffverordnung. Hinsichtlich ihrer Verkehrsfähigkeit und Verwendung (VO (EU) Nr. 528/2021) ist die Biozid-Verordnung zu berücksichtigen.

(2) Beim Hygieneplan sind die Erfordernisse des Arbeitsschutzes gemäß § 9 Absatz 2 und § 11 Absatz 1 BioStoffV und des Patientenschutzes gemäß §§ 23 und 36 Infektionsschutzgesetz idealerweise in einem Dokument zu bündeln. Anhang 1 gibt Hinweise für die Erstellung eines Hygieneplans.

4.1.7 Nahrungs- und Genussmittel

(1) Beschäftigte dürfen an Arbeitsplätzen, an denen die Gefahr einer Kontamination durch Biostoffe besteht, keine Nahrungs- und Genussmittel zu sich nehmen oder lagern. Hierfür sind vom Arbeitgeber leicht erreichbare Pausenräume oder Pausenbereiche (abgetrennte Bereiche innerhalb von Räumen der Arbeitsstätte) zur Verfügung zu stellen.

Hinweis: Siehe Technische Regel für Arbeitsstätten "ASR A4.2 Pausen und Bereitschaftsräume"

(2) Sind Pausen zur Nahrungsaufnahme außerhalb der Arbeitsstätte erforderlich, z. B. bei längeren Einsätzen mit Rettungs- und Krankentransportfahrzeugen, so sind vom Arbeitgeber geeignete Regelungen zu treffen, die das in Absatz 1 genannte Schutzziel gewährleisten.

(3) Sofern bei mobilen Einsätzen, beispielsweise dem Transport von Patienten durch Rettungssanitäter, Pausen zur Nahrungsaufnahme aus organisatorischen Gründen notwendig sind, ist eine Lagerung der kontaminierten Arbeitskleidung (insbesondere der Jacken) in hinreichendem Abstand zu den Beschäftigten sowie die Möglichkeit einer hinreichenden Hände- und Flächenhygiene zu gewährleisten. Für die Erfüllung des Gebotes der Flächenhygiene können z. B. mobile, leicht zu reinigende und desinfizierende Unterlagen genutzt werden.

Hinweis in Verbindung mit Abschnitt 4.1.9:

Pausenräume sind separat von Umkleideräumen zur Verfügung zu stellen. Wird hiervon abgewichen, z. B. durch organische Schutzmaßnahmen, ist das in der Gefährdungsbeurteilung zu begründen. Die Räume dürfen entsprechend § 9 Absatz 3 BioStoffV nicht mit persönlicher Schutzausrüstung einschließlich Schutzkleidung betreten werden.

4.1.8 Schmuck und Fingernägel

Bei Tätigkeiten, die eine hygienische Händedesinfektion erfordern, dürfen an Händen und Unterarmen z. B. keine

  1. Schmuckstücke,
  2. Ringe, einschließlich Eheringe,
  3. Armbanduhren,
  4. Piercings,
  5. künstlichen Fingernägel,
  6. sogenannten Freundschaftsbänder

getragen werden.

Fingernägel sind kurz und rund geschnitten zu tragen und sollen die Fingerkuppe nicht überragen.

Hinweis: Lackierte Fingernägel können den Erfolg einer Händedesinfektion gefährden. Deswegen ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu entscheiden, ob auf Nagellack verzichtet werden muss.

Bei Notwendigkeit eines medizinischen Nagellacks sind die hiermit verbundenen Risiken in Absprache zwischen Betriebsarzt bzw. Dermatologen und Krankenhaushygieniker abzuwägen.

4.1.9 Umkleidemöglichkeiten und Arbeitskleidung

Der Arbeitgeber hat nach § 9 Absatz 1 Nummer 4 BioStoffV dafür zu sorgen, dass vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidemöglichkeiten vorhanden sind, sofern Arbeitskleidung erforderlich ist. Die Arbeitskleidung ist regelmäßig sowie bei Bedarf zu wechseln und zu reinigen. Die Beschäftigten haben die bereitgestellten Umkleidemöglichkeiten zu nutzen.

4.1.10 Transport diagnostischer Proben

Beim innerbetrieblichen Transport dürfen nur Behälter verwendet werden, die hinsichtlich ihrer Beschaffenheit geeignet sind, den Inhalt sicher zu umschließen. Die davon ausgehenden Gefahren müssen in geeigneter Weise deutlich erkennbar sein. Der Inhalt darf nicht mit Lebensmitteln verwechselt werden können.

Hinweis: Diagnostische Proben für den Versand sind entsprechend den transportrechtlichen Regelungen zu verpacken. Dabei sind Patientenproben bei denen eine minimale Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie Infektionserreger enthalten, von den für den Transport auf der Straße (ADR3) und mit der Eisenbahn (RID4) geltenden Gefahrgutregelungen freigestellt, wenn die Verpackung bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Enthalten die Proben nachweislich Infektionserreger oder andere Biostoffe oder werden diese vermutet, so gelten die entsprechenden transportrechtlichen Verpackungs- und Kennzeichnungsvorschriften (P620 für ansteckungsgefährliche Stoffe der Kategorie A und P650 für ansteckungsgefährliche Stoffe der Kategorie B).

Nicht zum Postversand zugelassen sind Patientenproben, die der Kategorie B zugeordnet sind und die Biostoffe der Risikogruppe 3 enthalten, sowie Patientenproben, die der Kategorie A zugeordnet sind.

Eine Übersicht über die geltenden Transportregelungen gibt auch die Broschüre "Patientenproben richtig versenden" der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW).

4.1.11 Ausbildung und fachliche Eignung

Der Arbeitgeber darf Tätigkeiten im Anwendungsbereich dieser TRBA nur Personen übertragen, die eine abgeschlossene Ausbildung in Berufen des Gesundheitsdienstes haben oder die von einer fachlich geeigneten Person unterwiesen sind und beaufsichtigt werden.

Die Forderung nach Aufsicht ist dann erfüllt, wenn

  1. der Aufsichtführende den zu Beaufsichtigenden so lange überwacht, bis er sich überzeugt hat, dass dieser die übertragene Tätigkeit beherrscht, und
  2. anschließend stichprobenweise die richtige Durchführung der übertragenen Tätigkeit überprüft.

Hinweis: Zur Beschäftigung von Praktikanten siehe Anhang 2 "Handlungsanleitung zum Einsatz von Praktikantinnen und Praktikanten".

4.1.12 Jugendarbeits- und Mutterschutz

Der Arbeitgeber darf Jugendliche, schwangere oder stillende Frauen mit Tätigkeiten mit Biostoffen nur beschäftigen, soweit dies mit den Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes und des Mutterschutzgesetzes vereinbar ist.

4.2 Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten der Schutzstufe 2

Zusätzlich zu den Maßnahmen des Abschnitts 4.1 sind die nachfolgenden Schutzmaßnahmen einzuhalten.

4.2.1 Oberflächen (Desinfektion)

Oberflächen (Arbeitsflächen und angrenzende Wandflächen, Fußböden, Flächen eingebauter Einrichtungen, Flächen an Geräten und Apparaten, die mit Biostoffen in Kontakt kommen können) müssen zusätzlich zu den Anforderungen nach Abschnitt 4.1.4 beständig gegen die eingesetzten Desinfektionsmittel sein.

Hinweis: Diese Forderung kann für Wandflächen z. B. durchfachgerechte Anstriche mit Beschichtungsstoffen der Nassabriebbeständigkeit-Klasse 25 erfüllt werden.

4.2.2 Sanitärräume

(1) In Krankenhäusern, Praxen und sonstigen Einrichtungen, in denen regelmäßig Tätigkeiten der Schutzstufe 2 durchgeführt werden, sollen für die Beschäftigten und die Patienten gesonderte Toiletten vorhanden sein (§ 8 Absatz 4 Nr. 3 BioStoffV). Es ist darauf zu achten, dass die Toilettenräume ausreichend groß sind und entsprechend der Anzahl der Beschäftigten in angemessener Zahl zur Verfügung stehen.

Hinweis: Zur Berechnung der Anzahl der Toiletten und zur Gestaltung der Toilettenräume siehe Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A4.1 "Sanitärräume".

(2) Galten die Anforderungen nach Absatz 1 zum Zeitpunkt der ersten Bekanntmachung 2003 dieser TRBA nicht, findet Absatz 1 nur bei einer Neugestaltung oder wesentlichen Umgestaltung des Sanitärbereichs Anwendung.

(3) Toiletten, die von Beschäftigten genutzt werden, müssen aus Gründen der Hygiene und des Infektionsschutzes bei Bedarf, mindestens aber arbeitstäglich, gereinigt und gegebenenfalls desinfiziert werden.

4.2.3 Minimierung der Aerosolentstehung bzw. Ausbreitung

Die Bildung von Aerosolen bzw. deren Ausbreitung ist durch den Einsatz entsprechender Verfahren und Maßnahmen zu minimieren. Beispiele hierfür sind

  1. die Erfassung gesundheitsschädlicher Rauche beim Einsatz von medizinischen Lasern und Hochfrequenz-Kautern,
  2. der Einsatz entsprechender Absaugtechnik bei zahnärztlichen Behandlungen oder
  3. das Abdecken oder die Absaugung des Ultraschallbades bei der Reinigung von Instrumenten,
  4. schließen des Toilettendeckels vor dem Spülvorgang.

4.2.4 Zugangsbeschränkung

Der Zugang zu Arbeitsbereichen, die insgesamt der Schutzstufe 2 zugeordnet sind, ist auf die berechtigten Personen zu beschränken. Siehe auch Abschnitt 3.4.1 Absatz 3.

4.2.5 Prävention von Nadelstichverletzungen

(1) Beim Umgang mit benutzten medizinischen Instrumenten und Geräten sind Maßnahmen zu ergreifen, die eine Verletzungs- und Infektionsgefahr der Beschäftigten minimieren.

Dabei ist ein integrierter Ansatz zur Minimierung des Risikos von Nadelstichverletzungen (NSV) unter Ausschöpfung aller technischen, organisatorischen und persönlichen Maßnahmen notwendig. Dies schließt Fragen der Arbeitsorganisation und die Schaffung eines Sicherheitsbewusstseins sowie das Verfahren für die Erfassung von NSV und die Durchführung von Folgemaßnahmen mit ein.

(2) Der Arbeitgeber hat fachlich geeignetes Personal in ausreichender Anzahl einzusetzen, um Stich- und Schnittverletzungen, z. B. durch Fehlbedienung aufgrund von Hektik, zu vermeiden.

(3) Weiterhin sind Schutzmaßnahmen entsprechend der im Folgenden beschriebenen Kriterien festzulegen.

Vorrangig sind solche geeigneten und sicheren Arbeitsverfahren und Arbeitsmittel auszuwählen, die den Einsatz spitzer und scharfer medizinischer Instrumente überflüssig machen. Dies sind z. B.:

  1. Nadelfreie Infusionssysteme mit Rückschlagventil zur Konnektion mit Venenzugängen für das Zuspritzen von Medikamenten und für die Blutentnahme,
  2. Kunststoffkanülen für nadelfreies Aufziehen von Körperflüssigkeiten,
  3. Stumpfe Kanülen zum Spülen von Wurzelkanälen in der Endodontie,
  4. Stumpfe Rundkörper-Nadeln zum Nähen weniger dichter innerer Bindegewebe/Faszien/Muskeln.

(4) Ist der Einsatz spitzer und scharfer medizinischer Instrumente notwendig, sind Arbeitsgeräte mit Sicherheitsmechanismen (im Folgenden "Sicherheitsgeräte") unter Maßgabe der folgenden Nummern 1 bis 7 zu verwenden, bei denen keine oder eine geringere Gefahr von Stich- und Schnittverletzungen besteht, soweit dies zur Vermeidung einer Infektionsgefährdung erforderlich und technisch möglich ist.

Hinweis: Aufgrund der Hilfsmittel-Richtlinie (HilfsM-RL) sind Hilfsmittel, die einen Beschäftigten durch einen Sicherheitsmechanismus vor NSV schützen, verordnungsfähig im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung.

Bedingungen: Der Patient ist nicht selbst in der Lage die Hilfsmittel anzuwenden und benötigt hierfür Tätigkeiten einer weiteren Person (hier Beschäftigte).

  1. Sicherheitsgeräte sind bei folgenden Tätigkeiten aufgrund erhöhter Infektionsgefährdung oder Unfallgefahr einzusetzen:
    a) Behandlung und Versorgung von Patienten, die nachgewiesenermaßen durch Infektionserreger der Risikogruppe 3 (einschließlich (3**)) oder höher infiziert sind,
    b) Behandlung fremdgefährdender Patienten,
    c) Tätigkeiten im Rettungsdienst und in der Notfallaufnahme,
    d) Tätigkeiten in Krankenhäusern bzw. -stationen im Justizvollzug,
    e) Blutentnahmen,
    f) sonstige Punktionen zur Entnahme von Körperflüssigkeiten,
    g) Legen von Gefäßzugängen.
  2. Bei allen sonstigen nicht unter die Ziffer 1 fallenden Tätigkeiten hat der Arbeitgeber in der Gefährdungsbeurteilung das Unfallrisiko und das Infektionsrisiko zu bewerten und angemessene Maßnahmen zu treffen.

    Hinweis: In einem Arbeitsbereich sind für vergleichbare Tätigkeiten entweder Sicherheitsgeräte oder herkömmliche Instrumente einzusetzen. Ansonsten kann es zu Fehlbedienungen kommen.

  3. Sicherheitsgeräte zur Verhütung von Stich- und Schnittverletzungen müssen folgende Eigenschaften erfüllen:
    a) Sie dürfen weder Patienten noch Beschäftigte gefährden.
    b) Sie müssen einfach und anwendungsorientiert zu benutzen sein.
    c) Der Sicherheitsmechanismus ist Bestandteil des Systems und kompatibel mit anderem Zubehör.

    Die Aktivierung des Sicherheitsmechanismus muss:

    selbstauslösend sein oder einhändig erfolgen können,
    sofort nach Gebrauch möglich sein,
    einen erneuten Gebrauch ausschließen (Ausnahme Sicherheitsskalpelle) und
    durch ein deutliches Signal (fühlbar, sichtbar oder hörbar) gekennzeichnet sein.
  4. Die Auswahl der Sicherheitsgeräte hat anwendungsbezogen zu erfolgen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Handhabbarkeit und Akzeptanz durch die Beschäftigten.

    Dabei hat der Arbeitgeber folgende Vorgehensweise zu berücksichtigen:

    a) Einbeziehung der Anwender und der Beschäftigtenvertreter,
    b) Sammeln von Informationen über aktuell gehandelte Sicherheitsgeräte einschließlich allgemein vorhandener Erfahrungen beim Umgang mit Sicherheitsgeräten,
    c) Auswahl vorzugsweise anhand praktischer Probeexemplare unter Einbeziehung der Anwender,
    d) Bevorzugung passiv auslösender Sicherheitsgeräte, da bei diesen der Sicherheitsmechanismus automatisch ausgelöst wird und somit Anwendungsfehler reduziert werden.
  5. Beim Umgang mit spitzen und scharfen Instrumenten müssen Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung mit dem Ziel gestaltet werden, dass ein ungestörtes, unterbrechungsfreies und konzentriertes Arbeiten möglich ist.
  6. Es ist sicherzustellen, dass die Beschäftigten die Sicherheitsgeräte richtig anwenden können. Dazu ist es notwendig, über die Sicherheitsgeräte zu informieren und deren Handhabung in der praktischen Anwendung zu vermitteln.
  7. Die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen ist zu überprüfen. Dazu gehört auch ein Verfahren zur lückenlosen Erfassung und Analyse von NSV, um technische und organisatorische Unfallursachen erkennen und eine Abhilfe vornehmen zu können (siehe auch Anhang 3 Beispiel: "Erfassungs- und Analysebogen Nadelstichverletzung").

(5) Gebrauchte Kanülen dürfen nicht in die Kanülenabdeckung (Schutzkappe) zurückgesteckt werden. Sie dürfen auch nicht verbogen oder abgeknickt werden, es sei denn, diese Manipulation dient der Aktivierung einer integrierten Schutzvorrichtung.

Der Sicherheitsmechanismus darf nicht durch Manipulationen außer Kraft gesetzt werden.

Werden Tätigkeiten ausgeübt, die nach dem Stand der Technik eine Mehrfachverwendung des medizinischen Instruments erforderlich machen, z. B. bei der Lokalanästhesie in der Zahnmedizin, und bei der die Kanüle in die Kanülenabdeckung zurückgesteckt werden muss, ist dies zulässig, wenn ein Verfahren angewendet wird, das ein sicheres Zurückstecken der Kanüle in die Kanülenabdeckung mit einer Hand erlaubt, z. B. Verwendung eines Schutzkappenhalters.

Das anzuwendende Verfahren ist in einer Arbeitsanweisung nach § 14 Absatz 4 Nummern 2 und 3 BioStoffV festzulegen.

(6) Gebrauchte spitze und scharfe medizinische Instrumente einschließlich derer mit Sicherheitsmechanismus sind unmittelbar nach Gebrauch durch den Anwender in Abfallbehältnissen zu sammeln.

Die Abfallbehältnisse müssen den Abfall sicher umschließen. Dabei sind die Behälter so nah wie möglich am Verwendungsort der spitzen, scharfen oder zerbrechlichen medizinischen Instrumente aufzustellen. Sie dürfen nicht umgefüllt werden.

Die Abfallbehältnisse müssen folgende Eigenschaften aufweisen:

  1. Sie sind fest verschließbare Einwegbehältnisse.
  2. Sie geben den Inhalt, z. B. bei Druck, Stoß, Fall, nicht frei.
  3. Sie sind durchdringfest.
  4. Ihre Beschaffenheit wird durch Feuchtigkeit nicht beeinträchtigt.
  5. Behältergröße und Einfüllöffnung sind abgestimmt auf das zu entsorgende Gut.
  6. Sie öffnen sich beim Abstreifen von Kanülen nicht.
  7. Sie sind eindeutig und verwechslungssicher als Abfallbehältnisse zu erkennen (Farbe, Form, Beschriftung).
  8. Die Abfallbehältnisse sind auf die Entsorgungskonzeption und auf die verwendeten Spritzensysteme (Abstreifvorrichtung für verschiedene Kanülenanschlüsse) abgestimmt.
  9. Ihr Füllgrad ist erkennbar, das maximal nutzbare Volumen am Behälter gekennzeichnet (Markierung, Anzeige Merkmal).

Hinweis: Die DIN EN ISO 23907 beschreibt die Prüfanforderungen, die solche Abfallbehältnisse zu erfüllen haben.

Gefüllte Abfallbehältnisse sind sicher zu entsorgen, siehe auch Abschnitt 5.6.

4.2.6 Bereitstellung und Einsatz Persönlicher Schutzausrüstungen (allgemein)

(1) Der Arbeitgeber hat nach § 8 Absatz 4 Nummer 4 BioStoffV zusätzlich Persönliche Schutzausrüstungen (PSA), einschließlich Schutzkleidung, gemäß den Abschnitten 4.2.7 bis 4.2.10 in ausreichender Stückzahl sowie, soweit zutreffend, in passender Form und Größe zur Verfügung zu stellen, wenn bauliche, technische und organisatorische Maßnahmen nicht ausreichen, um die Gefährdung durch Biostoffe auszuschließen oder hinreichend zu verringern.

Vorräte an PSA sollten im Zusammenhang mit den erstellten Pandemieplänen abgestimmt und berücksichtigt werden. Für die Bevorratung können die Orientierungswerte der TRBA 255 in Abschnitt 8.5 "Bevorratung von Desinfektionsmitteln und Persönlicher Schutzausrüstung" herangezogen werden.

(2) Die PSA ist auf der Grundlage des Ergebnisses der Gefährdungsbeurteilung auszuwählen. Die Beschäftigten sind bei der Auswahl der PSA in geeigneter Weise zu beteiligen. Der Einsatz belastender PSA ist auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken und darf keine Dauermaßnahme sein (§ 8 Absatz 4 Nummer 4 BioStoffV).

(3) Der Arbeitgeber hat die zur Verfügung gestellte PSA einschließlich Schutzkleidung sowie Augen- und Gesichtsschutz als Teile der PSA instand zu halten und im Fall von Mehrwegprodukten nach Gebrauch desinfizierend zu reinigen. Er hat die Voraussetzungen zu schaffen, dass PSA beim Verlassen des Arbeitsplatzes sicher abgelegt und verwahrt der Aufbereitung zugeführt werden kann. Falls erforderlich sind sämtliche Teile der PSA fachgerecht zu entsorgen.

(4) Die Beschäftigten müssen die bereitgestellte PSA verwenden, solange eine Gefährdung besteht.

(5) Der korrekte Umgang mit der eingesetzten PSA sowie der korrekte Sitz der PSA muss unterwiesen und geübt werden.

4.2.7 Schutzkleidung

(1) Wenn bei einer Tätigkeit mit Kontaminationen der Arbeitskleidung gerechnet werden muss, ist die vom Arbeitgeber gestellte Schutzkleidung zu tragen. Wenn der Schutzkleidung eine spezifische Funktion zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zugewiesen wird, muss sie die Anforderungen an PSA erfüllen.

Der Arbeitgeber hat festzulegen, bei welchen Tätigkeiten welche Schutzkleidung zu tragen ist und die Beschäftigten hinsichtlich dieser Festlegungen zu unterweisen. Ein Kontakt mit Körperflüssigkeiten oder -ausscheidungen ist zu erwarten, z. B. beim Pflegen von Patienten

  1. mit Inkontinenz oder
  2. mit sezernierenden Wunden.

Für die Gefährdungsbeurteilung sind hinsichtlich einer zu erwartenden Kontamination der Arbeitskleidung folgende Aspekte zu berücksichtigen:

Wahrscheinlichkeit der Übertragung (z. B. Verschmieren bzw. Verspritzen) von erregerhaltigem Patientenmaterials bei der jeweiligen Tätigkeit und
typische Menge des so übertragenen Materials (z. B. Tropfen/Klumpen vs. Aerosole).

Für den letzteren Aspekt sind mit dem bloßen Auge sichtbare potenziell erregerhaltige Kontaminationen in jedem Fall als relevant zu werten.

Hinweis: Sofern in der Vergangenheit regelhaft Arbeitskleidung bei den zu prüfenden Tätigkeiten getragen wurde, kann als weiteres Kriterium in die Beurteilung eingehen, wie häufig das zu Zwischenfallberichten, Schadensmeldungen bzw. Anzeigen von potenziell gesundheitsgefährdenden Kontaminationen an das betriebliche Qualitätsmanagement bzw. die einschlägigen Aufsichtsbehörden oder den zuständigen Unfallversicherungsträger geführt hat.

(2) Die ausgewählte Schutzkleidung muss die Arbeitskleidung an allen Stellen bedecken, bei denen mit tätigkeitsbedingter Kontamination gerechnet werden muss.

Die Kombination von flüssigkeitsdichter Schürze über einem Kasack oder kurzärmeligen Kittel getragen, kann eine akzeptierte Ausnahme von dieser Regel darstellen.

Bei möglicher Durchnässung der Kleidung bzw. des Schuhwerks ist die vom Arbeitgeber gestellte flüssigkeitsdichte Körperschutz bzw. Fußbekleidung zu tragen.

(3) Wird bei Tätigkeiten, bei denen nach Gefährdungsbeurteilung keine Schutzkleidung zu tragen ist, dennoch die Arbeitskleidung kontaminiert, ist sie so schnell wie möglich, spätestens bei dem Verlassen des Arbeitsbereichs zu wechseln. Entsprechende organisatorische Maßnahmen sind im Vorfeld festzulegen. Die kontaminierte Arbeitskleidung ist vom Arbeitgeber wie Schutzkleidung zu desinfizieren und zu reinigen.

(4) Getragene Schutzkleidung oder kontaminierte Arbeitskleidung darf von den Beschäftigten nicht nach Hause mitgenommen werden.

(5) Pausen- und Bereitschaftsräume dürfen nicht mit Schutzkleidung oder kontaminierter Arbeitskleidung betreten werden.

(6) Sofern Beschäftigte den Pausenraum zum Umkleiden nutzen und dies bautechnisch nicht anders möglich ist, sind innerhalb der Gefährdungsbeurteilung organisatorische Maßnahmen zu treffen (z. B. Anweisung des zeitlich versetzten Essens und Umkleidens). Siehe auch Abschnitt 4.1.7

4.2.8 Schutzhandschuhe

(1) Wenn bei einer Tätigkeit mit einem Kontakt der Hände zu potenziell infektiösem Material gerechnet werden muss, sind Schutzhandschuhe zu tragen. Falls aus Gründen des Patientenschutzes medizinische Handschuhe zum einmaligen Gebrauch getragen werden müssen, ist dies in der Regel im Hinblick auf eine Vermeidung der Kontamination ausreichend und Schutzhandschuhe im Sinne einer PSA nicht nötig. Ob stattdessen zum Beschäftigtenschutz Handschuhe mit weitergehenden Schutzfunktionen, wie beispielsweise Virenschutz, erforderlich sind, ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu betrachten.

Tätigkeiten mit möglichem Handkontakt zu Körperflüssigkeiten oder zu Körperausscheidungen können z. B. sein:

  1. Verbandswechsel,
  2. Blutabnahmen,
  3. Anlegen von Blasenkathetern,
  4. Waschen inkontinenter Patienten.

(2) Als Handschuhe sind geeignet

(1) flüssigkeitsdichte, ungepuderte und allergenarme medizinische Handschuhe6 mit einem Qualitätskriterium AQL (Accepted Quality Level) von ≤ 1,5 bei möglichem Kontakt zu Körperflüssigkeiten und -ausscheidungen;
(2) flüssigkeitsdichte, ungepuderte, allergenarme und zusätzlich reinigungs- bzw. desinfektionsmittelbeständige Schutzhandschuhe7 AQL ≤ 1,5 mit verlängertem Schaft zum Umstülpen bei Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten, damit das Zurücklaufen der kontaminierten Reinigungsflüssigkeit unter den Handschuh verhindert wird.

In Abhängigkeit von der Tätigkeit können weitere Handschuheigenschaften erforderlich sein.

Hinweis: Zur Auswahl siehe auch TRGS 401.

(3) Die Schutzhandschuhe sind der Verpackung/dem Spender so zu entnehmen, dass die Öffnung nicht durch Handkontakte kontaminiert wird. Mit kontaminierten Schutzhandschuhen können Infektionserreger übertragen werden – deswegen sind die Schutzhandschuhe unmittelbar nach Beendigung der gefährdenden Tätigkeit abzulegen und die mit den Handschuhen berührten Oberflächen zu desinfizieren. Die Schutzhandschuhe sind so abzulegen, dass dabei die Hände nicht kontaminiert werden. Die geeignete Technik soll im Rahmen der Sicherheitsunterweisungen regelmäßig geübt werden. Ferner weisen Schutzhandschuhe zu einem gewissen Prozentsatz (den AQL Hinweis auf der Verpackung beachten) bereits ab Werk Viren und Bakterien durchlässige Löcher auf. Deswegen sind nach Ablegen der Schutzhandschuhe die Hände zwingend zu desinfizieren.

4.2.9 Augen- und Gesichtsschutz

Wenn bei einer Tätigkeit mit Verspritzen oder Versprühen potenziell infektiöser Materialien oder Flüssigkeiten gerechnet werden muss und technische Maßnahmen keinen ausreichenden Schutz darstellen, ist der vom Arbeitgeber gestellte Augen- oder Gesichtsschutz zu tragen.

Dies kann beispielsweise der Fall sein bei:

  1. operativen Eingriffen, z. B. in der Gefäßchirurgie, in der Orthopädie/Traumatologie: Knochensäge,
  2. endoskopischen Untersuchungsverfahren,
  3. Punktionen von Arterien,
  4. Intubationen, Extubationen, Trachealkanülenpflege und -wechsel,
  5. zahnärztlichen Tätigkeiten, wie z. B. Zahnsteinentfernen mit Ultraschall,
  6. Reinigung kontaminierter Instrumente von Hand oder mit Ultraschall,
  7. Tätigkeiten in der Pathologie, z. B. bei Arbeiten mit handgeführten Arbeitsmitteln oder bei der Kompression des Brustkorbes des Verstorbenen durch Anheben und Umlagern.

Als Augen- bzw. Gesichtsschutz8 sind z. B. geeignet

  1. Bügelbrille mit Seitenschutz, ggf. mit individuell zugerichteten Korrekturgläsern (Korrektionsschutzbrille nach DIN EN 166),
  2. Überbrille,
  3. Korbbrille,
  4. Visier, Gesichtsschutzschild.

Die Auswahl des adäquaten Gesichtsschutzes (Bügelbrille vs. Korbbrille) erfolgt auf Grund der Gefährdungsbeurteilung. Je nach den Expositionsbedingungen kann ggf. ein zusätzliches Tragen von Atemschutz, z. B. FFP2-Maske9, etwa beim Freisetzen von Bioaerosolen, notwendig sein.

Hinweis: Das Aufsetzen und das Absetzen des Augen- bzw. Gesichtsschutzes soll mit desinfizierten Händen (bzw. nur das Absetzen mit desinfizierten Schutzhandschuhen) erfolgen. Wiederverwendbarer Augen- bzw. Gesichtsschutz ist nach der Benutzung durch Wischdesinfektion bzw. im Reinigungs- und Desinfektionsgerät (RDG) aufzubereiten und danach geschützt zu verwahren.

4.2.10 Atemschutz

(1) Nach Ausschöpfung der technischen (z. B. Lüftungstechnik) und organisatorischen (z. B. Expositionszeiten) Maßnahmen kann, je nach den Expositionsbedingungen, ein zusätzliches Tragen von Atemschutz, z. B. FFP2-Maske, etwa beim Freisetzen von Bioaerosolen, notwendig sein. Werden Patienten mit Verdacht auf eine Erkrankung durch luftübertragbare Infektionserreger behandelt, hat der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ein betriebsbezogenes Konzept zum Schutz der Beschäftigten vor luftübertragbaren Infektionen festzulegen. Dies kann bei saisonalen Wellen von respiratorischen Erkrankungen (z. B. COVID-19, Influenza) auch einen gegenseitigen Schutz der Beschäftigten für einen begrenzten Zeitraum erfordern.

Die Auswahl der Persönlichen Schutzausrüstungen zum Schutz vor Bioaerosolpartikeln richtet sich i. d. R. nach dem im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermittelten Infektionsrisiko, z. B. aufgrund der Quelleneigenschaft, der Entfernung zur Quelle, der Expositionsdauer, der Risikogruppe des Infektionserregers und den Lüftungsverhältnissen im Raum.

(2) Der Arbeitgeber hat für die zuvor genannten Zwecke geeignete FFP-Masken bereitzustellen. FFP-Masken müssen zur Gesichtsform des individuellen Trägers passen.

Gegebenenfalls müssen verschiedene Typen und Marken getestet werden und passgenau zum Einsatz kommen. Es ist stets zusätzlich zu prüfen, ob FFP-Masken mit Ventil unter Berücksichtigung des fehlenden Fremdschutzes eingesetzt werden können. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass als Alternative zu FFP2- und FFP3-Atemschutzmasken Gebläse-unterstütze Atemschutzgeräte (Hauben, Helme) existieren.

Hinweise: Durch filtrierende Halbmasken (FFP) kann eine Reduktion infektiöser Aerosole in der eingeatmeten Luft um bis zu 78 % bei FFP1-, bis zu 92 % bei FFP2- und bis zu 98 % bei FFP3-Masken erreicht werden.

Entscheidend für die Wirksamkeit der Maske ist neben den Filtereigenschaften vor allem der Dichtsitz der Maske. Die angegebenen Werte der Reduktion gelten nur für einen optimalen Sitz, der nur durch sorgfältiges, korrektes Aufsetzen erreicht wird. In der Regel stellt das Tragen einer gut angepassten FFP2-Maske einen geeigneten Schutz vor Bioaerosolen, einschließlich Viren dar, da davon ausgegangen werden kann, dass diese an kleinsten Tröpfchen oder Tröpfchenkerne gebunden sind.

(3) Das richtige Aufsetzen von FFP-Masken, mit besonderem Augenmerk auf den Dichtsitz, ist zu demonstrieren und zu üben. Hilfreich ist die Prüfung des Dichtsitzes mit Hilfe geeigneter Methoden (Fit-Test) während der Schulung. Des Weiteren muss die Dichtheit vom Anwender vor jedem Tragen geprüft werden.

Die Schutzwirkung der Atemschutzmaske kann z. B. durch Barthaare oder Narben im Bereich der Dichtlinie zwischen Atemschutzmaske und Gesichtshaut beeinträchtigt werden.

FFP-Masken sind aus arbeitsphysiologischen und hygienischen Gründen bei Durchfeuchtung sowie nach der Benutzung zu entsorgen.

Hinweis: Ergänzende Informationen zum Atemschutz sind im Anhang 4 zu finden.

(4) Werden Patienten mit dem Nachweis einer Erkrankung durch luftübertragbare Infektionserreger behandelt, hat der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen ob, und wenn ja, welche spezifischen Atemschutzmaßnahmen zu ergreifen sind. Sofern aufgrund der Gefährdungsbeurteilung kein Atemschutz notwendig ist, muss bei Tätigkeiten an oder in der Nähe von diesen Patienten mindestens ein Mund-Nasen-Schutz (MNS)10 nach DIN EN 14683 getragen werden. Bekannt infektiöse Patienten sollten während des Kontaktes mit Personal, soweit dies dem Patienten möglich ist, ebenfalls MNS tragen (siehe hierzu Anhang 4 Nummer 3.).

Bei aerosolgenerierenden Tätigkeiten (z. B. Bronchoskopie, Notfallintubation) sowie bei sehr leicht luftübertragbaren Infektionserregern, wie z. B. Masern- und Windpockenviren, ist mindestens eine FFP2 Maske zu tragen.

Zusätzlich ist eine ausreichende Lüftung sicher zu stellen.

4.3 Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten der Schutzstufe 3

Zusätzlich zu den Maßnahmen der Abschnitte 4.1 und 4.2 sind die nachfolgenden Schutzmaßnahmen einzuhalten.

4.3.1 Übertragung von Tätigkeiten

Tätigkeiten der Schutzstufe 3 dürfen nur fachkundigen Beschäftigten, die zusätzlich anhand der Arbeitsanweisung eingewiesen und geschult wurden, übertragen werden.

Anforderungen an die Fachkunde werden in der TRBA 200 "Anforderungen an die Fachkunde nach Biostoffverordnung" präzisiert.

4.3.2 Beschränkung der Zugangsberechtigung

Die Zahl der Beschäftigten, die Tätigkeiten der Schutzstufe 3 ausüben, ist auf das notwendige Minimum zu beschränken.

4.3.3 Abtrennung

Bereiche, in denen Tätigkeiten der Schutzstufe 3 stattfinden, sind zur Prävention der Verschleppung von Infektionserregern oder anderen Biostoffen durch einen Vorraum, einen Schleusenbereich oder eine ähnliche Maßnahme von den übrigen Arbeitsbereichen abzutrennen.

4.3.4 Persönliche Schutzausrüstungen

Zusätzlich zu der PSA nach den Abschnitten 4.2.6 bis 4.2.10 kann bei Tätigkeiten der Schutzstufe 3 der Einsatz besonderer PSA notwendig sein, dies kann insbesondere FFP2- und FFP3-Masken betreffen.

Hinweis: Siehe auch Empfehlungen des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose "Infektionsprävention bei Tuberkulose", Pneumologie, Online-Publikation 2012.

 


3 ADR: Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße.
4 RID: Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter.
5 DIN EN 13300 "Beschichtungsstoffe – Beschichtungsstoffe für Wände und Decken im Innenbereich".
6 DIN EN 455 Teile 1 bis 3 "Medizinische Handschuhe zum einmaligen Gebrauch".
7 DIN EN 374 Schutzhandschuhe gegen Chemikalien und Mikroorganismen Teil 1, 2 und 5 sowie DIN EN ISO 21420.
8 DIN EN 166: Persönlicher Augenschutz – Anforderungen.
9 FFP: filtering face piece, partikelfiltrierende Halbmaske.
10 DIN EN 14683 Medizinische Gesichtsmasken – Anforderungen und Prüfverfahren.