TRBA 250: Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege, Anhang 2

Anhang 2 Handlungsanleitung zum Einsatz von Praktikantinnen und Praktikanten

Vorwort

Praktikanten21 in einer Einrichtung im Gesundheitsdienst und der Wohlfahrtspflege können tätigkeitsabhängig ebenso Infektionsgefahren ausgesetzt sein wie regulär Beschäftigte.

Praktikanten sind gemäß § 2 SGB VII gesetzlich unfallversichert. Die Biostoffverordnung (BioStoffV)22 regelt den Schutz der Sicherheit und Gesundheit von Beschäftigten, wenn diese aufgrund ihrer Arbeit durch biologische Einwirkungen gefährdet sind oder sein können. Nach § 2 Absatz 9 BioStoffV zählen zu den Beschäftigten, neben den im Arbeitsschutzgesetz genannten Personengruppen, auch ausdrücklich "…Schülerinnen und Schüler, Studierende und sonstige Personen, insbesondere an wissenschaftlichen Einrichtungen und in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes Tätige." So sind beispielsweise auch Praktikanten, Schülerpraktikanten, Berufsfachschülerpraktikanten, Praktikanten aus berufsbildenden und berufsfindenden Schulen, Studierende der Gesundheitsberufe, Famulanten, Doktoranden, Hospitanten, Stipendiaten etc. einbezogen. Damit umfasst der Geltungsbereich der BioStoffV außer Arbeitsverhältnissen und Praktikantentätigkeiten zum Zweck der Berufsausbildung auch andere Formen von Praktikantenverhältnissen in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes. Mit § 12 der BioStoffV wird sichergestellt, dass die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) auch für diesen Personenkreis gilt23.

Auch beim Einsatz von Praktikanten ist daran zu denken, dass alle Maßnahmen auf der Grundlage der tätigkeitsbezogenen Gefährdungsbeurteilung zu treffen sind. Bei fast allen Praktika im Rahmen der Berufsausbildung von Gesundheitsberufen, die in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes stattfinden, ist davon auszugehen, dass auch Tätigkeiten mit Infektionsgefährdungen stattfinden, die in den Anwendungsbereich der BioStoffV fallen. Diese Praktika werden im Folgenden als "Berufspraktika" bezeichnet.

Finden Praktika außerhalb der Berufsausbildung mit vergleichbaren Tätigkeiten statt, sind diese analog den Berufspraktika zu behandeln. Beispiele hierfür sind das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und der Bundesfreiwilligendienst (BFD). Im FSJ und BFD werden auch Kompetenzen erworben, die unmittelbar für eine Berufsausbildung und den Zugang zum Arbeitsmarkt wichtig sind. Die Freiwilligen erhalten in den Einsatzstellen persönliche und fachliche Anleitung und Begleitung durch in einem medizinischen bzw. sozialen Beruf qualifizierte Beschäftigte in den jeweiligen Arbeitsgebieten, um ihre in der Regel ganztägigen Einsätze unter Eingliederung in den Betrieb der Einsatzstelle zu bewältigen.

Als sogenannte "Schnupperpraktika" bzw. Kurzpraktika werden kurzzeitige Praktika bezeichnet, die nicht der beruflichen Ausbildung dienen und beispielsweise nur einen Eindruck über den entsprechenden beruflichen Alltag vermitteln sollen. Dies sind z. B. Betriebspraktika während der Vollschulzeitpflicht von Kindern24 oder während der Ferien von Jugendlichen25.

Für Praktikanten, die unter 18 Jahre alt sind und kein Berufspraktikum durchführen, sind nur Tätigkeiten zulässig, bei denen kein direkter Umgang mit potenziell infektiösem Material erfolgt und die Gefährdungen durch Infektionserreger mit denen der Allgemeinbevölkerung vergleichbar sind.

Grundsätzlich sollte von allen Praktikanten im Gesundheitsdienst erwartet werden, dass sie den von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfschutz für Kinder und Jugendliche aufweisen. Zu beachten ist auch, dass bei Berufspraktikanten die einrichtungsbezogenen Impfpflichten (z. B. Masern) beachtet werden müssen. Hier ist es sinnvoll diese z. B. anhand einer Bescheinigung mit abzufragen.

1 Berufspraktika

1.1 Praktikanten unter 18 Jahren

  1. Jugendliche Praktikanten dürfen nur Kontakt zu Biostoffen haben, wenn dies im Rahmen ihrer Ausbildung geschieht, die Tätigkeit zum Erreichen des Ausbildungszieles notwendig ist, keine Tätigkeit der Schutzstufe 3 und 4 enthält und ihr Schutz durch die Aufsicht eines Fachkundigen gewährleistet ist (§ 22 Absatz 2 JArbSchG).
  2. Minderjährige Praktikanten bedürfen zur Ableistung eines Praktikums stets der Einwilligung der Erziehungsberechtigten/der gesetzlichen Vertreter. Die Einwilligung ist grundsätzlich formfrei, es wird aber dringend empfohlen eine schriftliche Einwilligung26 für das Praktikum einzuholen.

Hinweis: Jugendliche, deren Berufspraktikum mehr als zwei Monate andauern soll, müssen vor dessen Beginn von einem Arzt untersucht werden. Diese Erstuntersuchung nach Jugendarbeitsschutzgesetz darf nicht mehr als 14 Monate zurückliegen (§ 32 JArbSchG).

Sie ist nicht identisch mit der arbeitsmedizinischen Vorsorge durch einen Betriebsarzt.

1.2 Generelle Forderungen

Die folgenden Punkte gelten für Praktikanten über 18 Jahren und für Praktikanten unter 18 Jahren, die ein Berufspraktikum durchführen.

  1. Praktikanten dürfen nur Tätigkeiten ausüben, für die keine Fachkundevoraussetzungen nach § 11 Absatz 6 BioStoffV bestehen.
  2. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber festzulegen, ob eine arbeitsmedizinische Vorsorge veranlasst oder angeboten werden muss. Hinsichtlich der Pflichtvorsorge ist in Einrichtungen zur medizinischen Untersuchung, Behandlung und Pflege von Menschen maßgeblich, ob Tätigkeiten mit regelmäßigem direkten Kontakt zu erkrankten oder krankheitsverdächtigen Personen ausgeübt werden, beziehungsweise Tätigkeiten, bei denen es regelmäßig und in größerem Umfang zu Kontakt mit Körperflüssigkeiten, Körperausscheidungen oder Körpergewebe kommen kann, insbesondere Tätigkeiten mit erhöhter Verletzungsgefahr oder Gefahr von Verspritzen und Aerosolbildung (Anhang Teil 2 Ziffer 3c der ArbMedVV). Die arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge ist Tätigkeitsvoraussetzung und hat vor Praktikumsbeginn zu erfolgen. Im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge sind den Praktikanten auch alle relevanten Impfungen anzubieten.
  3. Alle Praktikanten sind rechtzeitig vor Aufnahme der Tätigkeit dem Betriebsarzt nach § 7 ArbMedVV vorzustellen. Dieser informiert die Praktikanten im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge über die praktikumsbezogenen Infektionsgefährdungen, nimmt eventuell eine Untersuchung vor und stellt gegebenenfalls fest, ob eine ausreichende Immunität gegen die in Frage kommenden Biostoffe besteht. Nach arbeitsmedizinischer Beratung und gegebenenfalls erfolgter Untersuchung bzw. Impfung können je nach Ausbildungs- und Kenntnisstand definierte Tätigkeiten durchgeführt werden.
  4. Auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung nach BioStoffV (in der Regel Aufgabe des Praktikumsbetriebs) ist festzulegen, welche Schutzmaßnahmen bei welchen Tätigkeiten einzuhalten sind. Die notwendigen persönlichen Schutzausrüstungen einschließlich der Schutzkleidung werden durch den Praktikumsbetrieb für die Praktikanten bereitgestellt. Dieser sichert auch die Desinfektion, Reinigung und bei Erfordernis auch die Instandsetzung der Schutzkleidung beziehungsweise kontaminierter Arbeitskleidung.
  5. Die Praktikanten und Erziehungsberechtigten erhalten vor Beginn eine Information über Gefährdungen, Verhalten während des Praktikums, die nötigen Schutzmaßnahmen und Impfungen.
  6. Eine Unterweisung auf der Grundlage des Ergebnisses der Gefährdungsbeurteilung zu Beginn des Praktikums sowie eine geeignete Beaufsichtigung und Betreuung müssen während des Praktikums sichergestellt sein. Es ist sicherzustellen, dass die anzuleitenden Personen die Unterweisungen verstanden haben.
  7. Die Praktikanten sollten von der entsprechenden Leitung, z. B. der Pflegedienstleitung und/oder der Personalabteilung vor Beginn des Praktikums mit dem Hinweis auf Einsatzort und Zeitraum des Praktikums dem Betriebsarzt gemeldet werden.
  8. Im Falle schwangerer Praktikantinnen kommen die Regelungen des Mutterschutzgesetzes zum Tragen.

2 Schnupperpraktika und Kurzpraktika

  1. Für Praktikanten unter 18 Jahren, die keine Berufspraktika, sondern z. B. Schnupperpraktika oder Kurzpraktika durchführen, hat der Praktikumsbetrieb Festlegungen zu treffen, bei welchen Tätigkeiten keine Gefährdung durch Infektionserreger bestehen kann (eingeschränkter Tätigkeitskatalog).

    Folgende Arbeitsbereiche sind nicht geeignet: Intensiv- und OP-Bereiche; TBC-/HIV-Stationen; Bereiche mit MRE-positiven Patienten; Pathologie (beispielhafte Auflistung).

  2. Da innerhalb dieser Praktika keine infektionsgefährdenden Tätigkeiten ausgeführt werden, entfällt die Notwendigkeit der arbeitsmedizinischen Vorsorge und eines Impfangebotes nach ArbMedVV. Es sollte aber auf die von der STIKO empfohlenen Impfungen hingewiesen werden.

3 Maßnahmen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung-Kostenträger

Nach dem Arbeitsschutzgesetz darf der Arbeitgeber Maßnahmen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung nicht den Beschäftigten auferlegen. In der Regel hat er diese zu übernehmen. Dies gilt auch für Impfungen, die im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge angeboten und durchgeführt werden. Der Praktikumsgeber, in dessen Betrieb oder Einrichtung der Praktikant die Tätigkeiten ausübt, ist als Arbeitgeber anzusehen, sofern das Praktikum inhaltlich und organisatorisch nicht in einem anderen Verantwortungsbereich liegt. Bei Berufspraktika kann somit beispielsweise die Ausbildungsstätte, mit der der Ausbildungsvertrag geschlossen wurde, als Arbeitgeber fungieren.

 


21 Im Text wird aufgrund der besseren Lesbarkeit nur die männliche Form verwendet.
22 Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen (BioStoffV) Stand 21.7.2021.
23 Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) Stand 12.7.2019.
24 "Kind" ist nach § 2 Absatz 1 Jugendarbeitsschutzgesetz, wer unter 15 Jahren ist.
25 "Jugendlicher" ist nach § 2 Absatz 2 Jugendarbeitsschutzgesetz, wer 15 aber noch nicht 18 Jahre alt ist.
26 Die Einwilligung ist immer notwendig (§ 107 BGB), die Schriftform jedoch nicht (§ 26 BBiG).