(1) Vor einer berufsmäßigen Verwendung von Biozid-Produkten muss der Arbeitgeber ermitteln, welche Gefährdungen mit der Verwendung des Biozid-Produkts auftreten können und welche Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten, Dritter, Nicht-Zielorganismen sowie der Umwelt zu treffen sind (Gefährdungsbeurteilung). Bei der Wahl der Maßnahmen sind ebenfalls Aspekte einer nachhaltigen Verwendung und die Vermeidung der Resistenzbildung und -ausbreitung zu berücksichtigen.
(2) Es ist zu prüfen, ob es physikalische, biologische, chemische oder sonstige Alternativen zu der geplanten Verwendung gibt (Substitutionsprüfung nach § 6 Absatz 1 Gefahrstoffverordnung, siehe auch TRGS 600).
(3) Stellt der Arbeitgeber fest, dass die Verwendung eines Biozid-Produkts unvermeidbar ist, die Verwendung aber nur mit einer geringen Gefährdung verbunden ist, kann er die Gefährdungsbeurteilung an dieser Stelle beenden und angemessen dokumentieren (§ 6 Absatz 10 GefStoffV). Dies gilt z. B. bei Verwendung eines Biozid-Produkts, das für die breite Öffentlichkeit zugelassen ist und wenn sich die Anwendung in Menge, Häufigkeit und Ausmaß nicht von einer Verwendung in privaten Haushalten unterscheidet.
(1) Ergänzend zu den in Nummer 5 der TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen" und Nummer 3 der TRGS 600 "Substitution" aufgeführten Informationsquellen können folgende Quellen grundlegende Informationen liefern, die Aussagen über Verkehrsfähigkeit, Gefährdungen und Schutzmaßnahmen bei der Verwendung von Biozid-Produkten enthalten:
| 1. | Für zugelassene Biozid-Produkte die ECHA-Datenbank und die über diese Datenbank abrufbare Zusammenfassung der Eigenschaften des Biozid-Produkts (SPC). Die Verwendung dieser Informationsquelle wird insbesondere empfohlen im Zusammenhang mit |
| a) | dem Auswahlprozess eines geeigneten Biozid-Produkts, ermöglicht über die Suchoption "Produktart", |
| b) | der Substitutionsprüfung, |
| c) | der Prüfung der aktuellen Verwendungsbedingungen. |
| 2. | Einstufung und Kennzeichnung der Biozid-Produkte, |
| a) | Sicherheitsdatenblatt, |
| b) | Produktkennzeichnung, Etikett (Synonym: Gebindekennzeichnung), |
| c) | technische Anweisungen und Merkblätter des Herstellers oder Inverkehrbringers des Biozid-Produkts, |
| 3. | Schutzleitfäden der BAuA für Biozid-Produkte (https://www.baua.de/DE/Themen/Chemikalien-Biostoffe/Gefahrstoffe/EMKG/EMKG-Schutzleitfaeden), |
| 4. | technische Regeln und Normen, |
| 5. | branchenspezifische Regeln, |
| 6. | Sonstige Informationsquellen, z. B. Händler, Hersteller. |
(2) Informationsquellen zum Vergleich verschiedener Biozid-Produkte und -verfahren sind unter anderem:
(1) Bei der Gefährdungsbeurteilung muss der Arbeitgeber unter Berücksichtigung des STOP-Prinzips die erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen festlegen. Darüber hinaus muss ermittelt werden, welche Schutzmaßnahmen zu treffen sind, damit die geplante Verwendung eines Biozid-Produkts keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit Dritter, Nicht-Zielorganismen oder auf die Umwelt hat. Es sind auch Nachhaltigkeit, mögliche Folgeschäden und Wirksamkeit der Bekämpfungs- oder Präventionsmaßnahme zu betrachten.
(2) Bei der Substitutionsprüfung ist auch zu prüfen, ob es wirksame alternative Verfahren gibt, um das Auftreten von Schadorganismen zu vermeiden, diese zu zerstören, abzuschrecken oder unschädlich zu machen.
(3) Ergibt das Ergebnis der Substitutionsprüfung, dass die Verwendung von Biozid-Produkten erforderlich ist, sind die Gefährdungen und Risiken, die mit der Verwendung des Biozid Produktes auftreten können, zu ermitteln und die erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen.
(4) Die Gefährdungsbeurteilung einschließlich Substitutionsprüfung darf nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen. Für die Verwendung von Biozid-Produkten sind spezifische Kenntnisse für die Gefährdungsbeurteilung erforderlich, die die in Abschnitt 4.1 der TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen" aufgeführten Kenntnisse und Anforderungen an die Fachkunde zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung ergänzen. Diese Zusatzkenntnisse werden in Anhang 4 dieser TRGS weiter konkretisiert.
(5) Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind die Vorgaben des Mutterschutzgesetzes und des Jugendarbeitsschutzgesetzes umzusetzen.
(1) Die Verwendung von Biozid-Produkten ist auf das notwendige Mindestmaß zu begrenzen. Möglichkeiten hierzu sind im Rahmen der Substitutionsprüfung zu ermitteln.
(2) Im Rahmen der Substitutionsprüfung sind nicht nur schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen, sondern auch auf Nicht-Zielorganismen und die Umwelt zu beachten. Für die Substitutionsprüfung sind daher ergänzend zu dem in der TRGS 600 beschriebenen Vorgehen folgende Aspekte zu berücksichtigen:
(3) Bei der Substitutionsprüfung können zum Beispiel über die ECHA-Datenbank zugelassene Biozid-Produkte mit gleichem Verwendungszweck zu folgenden Punkten verglichen werden:
(4) Für gemeldete Biozid-Produkte geben die bei der BAuA abrufbaren Informationsquellen Auskunft über die enthaltenen Biozid-Wirkstoffe. Eine vergleichende Betrachtung ist bei diesen Produkten über die jeweiligen Sicherheitsdatenblätter oder Gefahrstoffdatenbanken möglich.
(5) Das Ziel einer etwaigen Verwendung eines Biozid-Produkts muss im Vorfeld der Verwendung definiert sein. Zunächst muss eine Abwägung erfolgen, ob Maßnahmen gegen den Organismus überhaupt notwendig sind. Dies kann zum Beispiel aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder des Materialschutzes erforderlich sein. Das Erreichen des Anwendungsziels muss durch die gewählte Methode sichergestellt sein. Hierzu zählt auch, dass Resistenzbildungen weitestgehend ausgeschlossen bleiben, da diese zur Unwirksamkeit bzw. Notwendigkeit einer erneuten Behandlung führt.
(6) Neben der Prüfung hinsichtlich alternativ verwendbarer Biozid-Produkte ist vorrangig zu prüfen, ob es physikalische oder sonstige alternative Verfahren gibt. Auch präventive Maßnahmen sind zu berücksichtigen.
(7) Neben der produktbezogenen Substitutionsprüfung ist ebenfalls eine verfahrensspezifische Substitutionsmöglichkeit zu prüfen, z. B. ist Streichen oder Wischen meist mit geringerer Exposition des Verwenders verbunden als Sprühen.
(8) Entscheidend für die Auswahl ist die technische Eignung des Produkts im Sinne der TRGS 600 bei gleichem Verwendungszweck unter Berücksichtigung der Gefährdung für Mensch, Nicht-Zielorganismen und Umwelt.
(9) Zeigt die Substitutionsprüfung eine insgesamt weniger gefährliche Alternative auf, die dem Stand der Technik entspricht und verhältnismäßig ist, ist diese Substitution vorzunehmen. Die Substitutionslösung muss eingesetzt werden, wenn damit das Präventions- oder Bekämpfungsziel sichergestellt ist.
(10) Das Ergebnis der Substitutionsprüfung ist zu dokumentieren. Wird eine technisch mögliche Substitution oder eine mögliche sonstige Alternative gem. § 15a Absatz 2 Nummer 1.b) GefStoffV nicht durchgeführt, ist dies zu begründen. Weitere Erläuterungen zum Ablauf und zur Bewertung einer Substitutionsprüfung enthält Anhang 6.
(1) Zu den Angaben, die zur Beurteilung der Gefährdungen erforderlich sind, gehören:
(2) Die Gefährdungsbeurteilung ist sowohl tätigkeits-, arbeitsplatz-, wie auch anwendungsbezogen durchzuführen. Dabei sind alle Tätigkeiten in Verbindung mit der Verwendung des Biozid-Produkts im Sinn dieser TRGS zu berücksichtigen. Insbesondere sind folgende Punkte zu beachten:
(3) Die ermittelten Gefährdungen für die Gesundheit von Menschen, Nicht-Zielorganismen und Umwelt sowie physikalische Gefährdungen sind unabhängig voneinander zu beurteilen und in der Gefährdungsbeurteilung zusammenzuführen.
(4) Sind im Arbeitsumfeld mehrere Biozid-Produkte oder weitere Gefahrstoffe vorhanden, ist zu prüfen, ob es zu gefährlichen Wechsel- oder Kombinationswirkungen kommen kann.
(5) Ebenso sind alle übrigen sich aus den Umgebungsbedingungen ergebende Wechselwirkungen im Arbeitsumfeld zu betrachten (z. B. klimatische Verhältnisse). Bei ortsveränderlicher Verwendung von Biozid-Produkten ist die Gefährdungsbeurteilung an die jeweiligen Ortsgegebenheiten anzupassen.
(6) Wendet ein Verwender ein Biozid-Produkt in anderen Unternehmen an oder kann bei der Anwendung eine Gefährdung von Beschäftigten anderer Arbeitgeber nicht ausgeschlossen werden, so hat der Arbeitgeber diese Unternehmen über Gefährdungen von Beschäftigten und spezifische Verhaltensregeln zu informieren, wenn eine Exposition nicht sicher auszuschließen ist.
(7) Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung mit der Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen und Wirksamkeitsprüfungen ist zu dokumentieren.