3 Sicherheitsbezogene Organisationspflichten
3.1 Verantwortung und Pflichtenübertragung
Die Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten liegt bei der Unternehmerin oder dem Unternehmer. Die Arbeiten im Betrieb müssen so organisiert werden, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden wird und die Belastung Ihrer Beschäftigten nicht über deren individuelle Leistungsfähigkeit hinausgeht.
Diese Aufgabe kann an andere zuverlässige und fachkundige Personen im Unternehmen übertragen werden. Die Pflichtenübertragung bedarf der Schriftform. Die Unternehmerin oder der Unternehmer hat zumindest stichprobenartig zu prüfen oder prüfen zu lassen, ob die übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt werden. Die oberste Auswahl-, Aufsichts- und Kontrollverpflichtung der Unternehmerin oder des Unternehmers ist nicht übertragbar.
Siehe §§ 2 und 13 "Arbeitsschutzgesetz" (ArbSchG) und §§ 2 und 13 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"
3.2 Betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung
Unterstützung bei den unter 3.1 genannten Organisationspflichten erhalten Unternehmerinnen und Unternehmer von den Fachkräften für Arbeitssicherheit, von Betriebsärztinnen und Betriebsärzten.
Gemäß Arbeitssicherheitsgesetz und den dazu erlassenen DGUV Vorschriften (Unfallverhütungsvorschriften) sind Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte zu bestellen und zu beteiligen. Die DGUV Vorschrift 2 gibt vor, in welchem Umfang Sie diese betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung gewährleisten müssen.
Siehe § 19 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" und DGUV Vorschrift 2 "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit"
Weiterführende Informationen und Beratungen zur Umsetzung der sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Betreuung können die zuständigen Unfallversicherungsträger geben.
3.3 Sicherheitsbeauftragte
In Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten müssen zusätzlich Sicherheitsbeauftragte bestellt werden.
Sicherheitsbeauftragte sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens, die neben ihren eigentlichen Aufgaben bei der Verbesserung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes unterstützend tätig sind. Sie achten zum Beispiel darauf, dass Schutzvorrichtungen und -ausrüstungen vorhanden sind und weisen ihre Kolleginnen und Kollegen auf sicherheits- oder gesundheitswidriges Verhalten hin.
Siehe § 22 SGB VII "Siebtes Buch Sozialgesetzbuch" und § 20 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention".
3.4 Qualifikation für den Arbeitsschutz
Personen im Unternehmen, die mit der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie mit der Ersten Hilfe betraut sind, müssen entsprechend qualifiziert sein.
Diese Personen sollen an Aus- und-Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen. Die Berufsgenossenschaften, die Unfallkassen und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung bieten dazu vielfältige Seminare sowie Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten an.
Siehe § 23 SGB VII "Siebtes Buch Sozialgesetzbuch".
3.5 Unterweisung
Die Beschäftigten sind zu Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit, besonders zu den mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen und den Maßnahmen zu ihrer Verhütung zu unterweisen.
Diese Unterweisung kann von den Unternehmerinnen oder Unternehmern selbst oder einer von ihnen beauftragten zuverlässigen und fachkundigen Person durchgeführt werden. Bei einer Arbeitnehmerüberlassung trifft die Pflicht zur Unterweisung das entleihende Unternehmen. Die Betriebsärztin und der Betriebsarzt oder die Fachkraft für Arbeitssicherheit können dabei unterstützen. Die Unterweisung muss bei der Einstellung, bei Veränderungen im Aufgabenbereich, bei der Einführung neuer Arbeitsmittel oder einer neuen Technologie vor Aufnahme der Tätigkeit der Beschäftigten erfolgen. Die Unterweisung muss erforderlichenfalls wiederholt werden, mindestens aber einmal jährlich erfolgen. Bei Jugendlichen ist eine Unterweisung halbjährlich erforderlich. Sie ist in verständlicher Weise zu vermitteln und muss dokumentiert werden.
Siehe § 12 Absatz 1 Arbeitsschutzgesetz und § 4 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"
3.6 Planung und Beschaffung
3.6.1 Das Thema Sicherheit und Gesundheit ist von Anfang an in allen betrieblichen Prozessen zu berücksichtigen.
Besonders bei der Planung (Herstellen, Ändern oder Instandsetzen) von Arbeitsstätten und Anlagen sind die relevanten Rechtsnormen zu beachten. Das erspart möglicherweise teure Nachbesserungen. Hilfestellungen bieten die Internetseiten der DGUV und der Unfallversicherungsträger sowie die vorliegende DGUV Regel 109-009 "Fahrzeuginstandhaltung" selbst. Bauliche Anforderungen an Arbeitsstätten werden vor allem im Arbeitsstättenrecht (u. a. Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR)) und im Bauordnungsrecht formuliert. Fachkräfte für Arbeitssicherheit können hier unterstützen.
3.6.2 Bei einer Auftragserteilung muss sichergestellt sein, dass vom beauftragten Unternehmen neben dem Stand der Technik auch diejenigen Vorschriften und Regelwerke des Staates und der Unfallversicherungsträger beachtet werden, die für das beauftragende Unternehmen gelten.
Die Verpflichtung zur Einhaltung dieser Vorgaben bedarf immer der Schriftform, unabhängig davon, ob der Auftrag schriftlich oder mündlich erfolgt. Dass gilt nicht für innerbetriebliche Beschaffungsmaßnahmen.
3.6.3 Bei der Beschaffung müssen Unternehmerinnen und Unternehmer sicherstellen, dass die Arbeitsmittel, Ausrüstungsgegenstände oder Arbeitsstoffe den einschlägigen Arbeitsschutzvorschriften entsprechen.
Solche Anforderungen ergeben sich besonders aus dem Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und der Betriebssicherheitsverordnung. In den Vertrag ist auch aufzunehmen, dass die zu liefernden Produkte diesen Arbeitsschutzanforderungen entsprechen müssen.
3.6.4 Bei der Erteilung von Aufträgen an ein Fremdunternehmen müssen die Unternehmen, die den Auftrag erteilen, das Fremdunternehmen bei der Beurteilung der betriebsspezifischen Gefahren unterstützen. Unternehmer und Unternehmerinnen müssen außerdem sicherstellen, dass Tätigkeiten mit besonderen Gefahren von einer aufsichtführenden Person überwacht werden, die die Durchführung der festgelegten Schutzmaßnahmen sicherstellt. Unternehmerinnen und Unternehmern müssen sich auch mit dem Fremdunternehmen darüber einigen, wer die aufsichtführende Person zu stellen hat.
3.7 Fremdfirmen und Lieferanten
Personen von Fremdfirmen und Lieferanten müssen die betrieblichen Arbeitsschutzregelungen des Unternehmens kennen und beachten.
Wenn sich auf dem Betriebsgelände Fremdfirmen und Lieferanten aufhalten, können besondere Gefährdungen entstehen. Es sind dafür entsprechende Regelungen zu treffen und es ist sicherzustellen, dass diese Personen die betrieblichen Arbeitsschutzregelungen des Unternehmens kennen und beachten. Das gilt umgekehrt auch für die eigenen Beschäftigten auf fremdem Betriebsgelände. Alle Personen sind vor Aufnahme der Tätigkeit zu unterweisen.
Siehe § 12 Absatz 1 Arbeitsschutzgesetz und § 4 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention".
3.8 Integration von zeitlich befristeten Beschäftigten
Die Arbeitsschutzanforderungen des Unternehmens gelten für alle Beschäftigten – auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nur zeitweise im Unternehmen arbeiten, wie zum Beispiel Zeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer (Arbeitnehmerüberlassung) sowie Praktikantinnen und Praktikanten.
3.9 Gefährliche Arbeiten
3.9.1 Bei der gemeinschaftlichen Ausführung einer gefährlichen Arbeit durch mehrere Personen, bei der eine gegenseitige Verständigung zur Vermeidung von Gefahren erforderlich ist, ist eine aufsichtführende Person zu benennen.
Gefährliche Arbeiten können zum Beispiel sein:
- Arbeiten mit Absturzgefahr
- Arbeiten in Behältern oder engen Räumen
- Schweißen in engen Räumen
- Feuerarbeiten in brand- oder explosionsgefährdeten Bereichen oder an geschlossenen Hohlkörpern
- Gasdruckproben und Dichtigkeitsprüfungen an Behältern
- Arbeiten im Bereich von Gleisen während des Bahnbetriebs
- Arbeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikostufe IV
- Arbeiten an unter Spannung stehenden HV-Komponenten
Die Unternehmerin oder der Unternehmer muss eine aufsichtführende Person benennen. Sie muss zuverlässig und mit der durchzuführenden Arbeit vertraut sein und ausreichende fachliche Kenntnisse besitzen. Sie beaufsichtigt und überwacht die arbeitssichere Durchführung der gefährlichen Arbeiten und hat darüber Weisungsbefugnis.
3.9.2 Ist nur eine Person allein mit einer gefährlichen Arbeit beauftragt, ist über die allgemeinen Schutzmaßnahmen hinaus für geeignete technische oder organisatorische Personenschutzmaßnahmen zu sorgen.
Alleinarbeit liegt vor, wenn eine Person allein, außerhalb von Ruf- und Sichtweite zu anderen Personen, Arbeiten ausführt. In Abhängigkeit von der Gefährdung an Einzelarbeitsplätzen sind geeignete Maßnahmen zur Überwachung zu treffen. Diese Überwachung kann durch technische oder organisatorische Maßnahmen umgesetzt werden.
Eine technische Maßnahme kann zum Beispiel die Verwendung einer geeigneten Personen-Notsignal-Anlagen sein. Weitergehende Informationen sind in der DGUV Regel 112-139 "Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen" enthalten.
Organisatorischen Maßnahmen sind zum Beispiel Kontrollgänge einer zweiten Person, zeitlich abgestimmte Telefon-/Funkmeldesysteme oder eine ständige Kameraüberwachung. Eine wirksame Rettungskette ist sicherzustellen.
Siehe § 8 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention", Punkt 2.7 DGUV Regel 100-001 "Grundsätze der Prävention" sowie DGUV Information 212-139 "Notrufmöglichkeiten für allein arbeitende Personen"
Im Rahmen der Fahrzeuginstandhaltung sind gefährliche Arbeiten in der Regel nicht auszuschließen.
3.10 Zugang zu Vorschriften und Regeln (Informationspflicht)
3.10.1 Die relevanten Unfallverhütungsvorschriften sowie die einschlägigen staatlichen Vorschriften und Regeln müssen an geeigneter Stelle für alle Versicherten zugänglich sein.
Der Zugang muss jederzeit möglich sein. Das kann in Papierform oder in elektronischer Form, z. B. über PC, Notebooks oder Tablets erfolgen. Bei Minderjährigen ist den Erziehungsberechtigten Zugang zu den maßgeblichen Vorschriften und Regeln zu gewähren.
3.10.2 Den mit der Durchführung und Unterstützung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes betrauten Personen sind die für ihren Zuständigkeitsbereich geltenden Vorschriften und Regeln zur Verfügung zu stellen.
Die beauftragten Personen nehmen vor Ort wichtige Aufgaben des Arbeitsschutzes wahr und bedürfen deshalb der besonderen Unterstützung. Entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung soll die Unternehmerin oder der Unternehmer diesen Personen die für ihren Aufgabenbereich einschlägigen Vorschriften und Regeln nicht nur "zugänglich machen", sondern "zur Verfügung stellen". Das bedeutet, dass die Vorschriften und Regeln diesem Personenkreis aushändigt oder in anderer, für die Wahrnehmung ihrer Arbeitsschutzaufgabe geeigneter Weise, an die Hand zu geben ist. Das kann sowohl in Papierform als auch in elektronischer Form, z. B. über PC, Internet, Intranet und Speichermedien, erfolgen.
3.11 Arbeitsmedizinische Maßnahmen
Die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt ist an der arbeitsmedizinischen Prävention zu beteiligen.
Dazu gehören die Beratung zur Erstellung oder Anpassung einer Gefährdungsbeurteilung, die Durchführung der allgemeinen arbeitsmedizinischen Beratung sowie die arbeitsmedizinische Vorsorge mit individueller arbeitsmedizinischer Beratung der Beschäftigten.
Ergibt die Vorsorge, dass bestimmte Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ergriffen werden müssen, sind sie für die betroffenen Beschäftigten in die Wege zu leiten.
Siehe § 3 Arbeitssicherheitsgesetz.
3.12 Notfallmaßnahmen
3.12.1 Im Rahmen des betrieblichen Arbeitsschutzes sind Maßnahmen zu planen, zu treffen und zu überwachen, die besonders im Fall des Entstehens von Bränden, von Explosionen, des unkontrollierten Austretens von Stoffen und von sonstigen gefährlichen Störungen des Betriebsablaufs geboten sind.
Zu den Notfallmaßnahmen gehört zum Beispiel die Aufstellung eines Alarmplans, eines Flucht- und Rettungsplans und einer Brandschutzordnung.
Der Alarmplan stellt die einfachste Form der schriftlichen Festlegung von Notfallmaßnahmen dar. In ihm ist festzulegen, welche Maßnahmen in Notfällen, wie Brand, Unfall, Einbruch, Überfall, durchgeführt werden müssen.
In Unternehmen, deren Lage, Ausdehnung und Art der Nutzung es erfordern, ist ein Flucht- und Rettungsplan zu erstellen. Dabei ist der Anteil an ortsunkundigen Personen zu berücksichtigen, zum Beispiel an Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr. Regeln für das Verhalten im Brandfall und bei Unfällen müssen direkt auf dem Flucht- und Rettungsplan dargestellt oder in dessen Nähe angebracht werden.
Ergibt die Gefährdungsbeurteilung eine erhöhte Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Bränden und Explosionen, kann eine Brandschutzordnung erforderlich sein. Sie wird zweckmäßigerweise gemeinsam mit der zuständigen Feuerwehr aufgestellt. Sie enthält alle getroffenen und im Brandfall zu treffenden Maßnahmen.
Die Versicherten sind mit den Inhalten der Notfallmaßnahmen vertraut zu machen.
Siehe § 10 Arbeitsschutzgesetz und § 22 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention".
3.12.2 Es ist eine ausreichende Anzahl von Versicherten durch Unterweisung und Übung im Umgang mit Feuerlöscheinrichtungen zur Bekämpfung von Entstehungsbränden vertraut zu machen.
Die ausreichende Anzahl von Versicherten ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung. Bei höherer Brandgefährdung, der Anwesenheit einer größeren Anzahl von Personen sowie von Personen mit eingeschränkter Mobilität kann eine größere Zahl von unterwiesenen Versicherten erforderlich sein.
Siehe Punkt 3.17 sowie § 10 Arbeitsschutzgesetz und § 22 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention".
3.13 Erste Hilfe
Zur Ersten Hilfe und zur Rettung aus Gefahr müssen im Unternehmen die erforderlichen Einrichtungen und Sachmittel sowie das erforderliche Personal zur Verfügung stehen. Es sind Beschäftigte zu benennen, die Aufgaben der Ersten Hilfe übernehmen. Anzahl, Ausbildung und Ausrüstung der benannten Beschäftigten müssen in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Beschäftigten und zu den bestehenden besonderen Gefahren stehen. Nach einem Unfall muss unverzüglich Erste Hilfe geleistet und eine erforderliche ärztliche Versorgung veranlasst werden. Für den Notfall müssen die erforderlichen Verbindungen zu außerbetrieblichen Stellen eingerichtet sein. Durch Aushänge sind Hinweise über die Erste Hilfe und Angaben über Notruf, Erste-Hilfe- und Rettungs-Einrichtungen, über das Erste-Hilfe-Personal sowie über hinzuzuziehende Ärztinnen und Ärzte und anzufahrende Krankenhäuser zu machen. Die Hinweise und die Angaben sind aktuell zu halten. Jede Erste-Hilfe-Leistung ist zu dokumentieren.
Unter Erste Hilfe versteht man alle Maßnahmen, die bei Unfällen, akuten Erkrankungen, Vergiftungen, Verätzungen und sonstigen Notfällen bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes, eines Arztes oder einer Ärztin erforderlich sind. Dazu gehört zum Beispiel: Unfallstelle absichern, Verunglückte aus akuter Gefahr retten, Notruf veranlassen, lebensrettende Sofortmaßnahmen durchführen sowie Betroffene betreuen.
Den Grundbedarf an Erste-Hilfe-Material decken der "Kleine Betriebsverbandkasten" nach DIN 13157 "Erste-Hilfe-Material – Verbandkasten C" bzw. der "Große Betriebsverbandkasten" nach DIN 13169 "Erste-Hilfe-Material – Verbandkasten E" ab. Zusätzlich können ergänzende Materialien aufgrund betriebsspezifischer Gefährdungen erforderlich sein.
Ersthelferinnen und Ersthelfer müssen als Voraussetzung zur Erfüllung ihrer Aufgaben die erfolgreiche Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Lehrgang und die regelmäßige Auffrischung im Abstand von zwei Jahren (Erste-Hilfe-Fortbildung) nachweisen. Die Lehrgangsgebühren werden von den Berufsgenossenschaften und Unfallkassen getragen.
In Unternehmen mit 2 bis 20 anwesenden Versicherten ist eine Ersthelferin oder ein Ersthelfer erforderlich. Bei mehr als 20 anwesenden Versicherten sind für den Verwaltungs- und Handelsbetriebsteil 5 % und für den sonstigen Betriebsteil 10 % Ersthelfer oder Ersthelferinnen erforderlich. Es ist zu beachten, dass auch im Schichtbetrieb und während der Urlaubszeit genügend Ersthelferinnen und Ersthelfer anwesend sein müssen.
Dokumentierte Erste-Hilfe-Leistungen sind fünf Jahre lang verfügbar zu halten. Die Dokumente enthalten personenbezogene Daten und sind vertraulich zu behandeln.
Siehe § 10 Arbeitsschutzgesetz und Dritter Abschnitt "Erste Hilfe" DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention".
3.14 Personengruppen
Die Unfallverhütungsvorschriften der Unfallversicherungsträger gelten auch für Personengruppen, die nicht zu den Mitgliedern und Versicherten der deutschen Unfallversicherungsträger zählen. Das gilt auch für Versicherte eines anderen Unfallversicherungsträgers, die im oder für das instandhaltende(n) Unternehmen tätig werden.
Dazu gehören Unternehmerinnen und Unternehmer und Beschäftigte von ausländischen Unternehmen, die eine Tätigkeit im Inland ausüben, ohne bei einem Unfallversicherungsträger versichert zu sein.
Siehe § 16 SGB VII "Siebtes Buch Sozialgesetzbuch" und § 1 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention".
3.15 Barrierefreiheit
Beschäftigen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Menschen mit Behinderungen, haben sie die Arbeitsstätte so einzurichten und zu betreiben, dass die besonderen Belange dieser Beschäftigten im Hinblick auf die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit berücksichtigt werden.
Das gilt besonders für die barrierefreie Gestaltung von Arbeitsplätzen, Sanitär, Pausen- und Bereitschaftsräumen, Kantinen, Erste-Hilfe-Räumen und Unterkünften sowie der zugehörigen Türen, Verkehrswege, Fluchtwege, Notausgänge, Treppen und Orientierungssysteme, die von den Beschäftigten mit Behinderungen benutzt werden.
Eine Barrierefreiheit ist gegeben, wenn zum Beispiel bauliche und sonstige Anlagen, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Dabei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig. So können zum Beispiel ausreichend breite Wege oder Armaturen, Lichtschalter und Türgriffe, die gut erreichbar sind, sowie trittsichere Bodenbeläge Unfallrisiken senken und zu weitaus geringeren Belastungen und Beanspruchungen führen.
Siehe § 4 "Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen" (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG) und § 3 a Absatz 2 "Verordnung über Arbeitsstätten" (Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV) in Verbindung mit ASR V3 a.2 "Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten".
3.16 Verkehrswege, Rettungswege, Notausgänge
und Ausstiege aus Arbeitsgruben
3.16.1 Verkehrswege, einschließlich Treppen, fest angebrachte Steigleitern und Laderampen, müssen so angelegt und bemessen sein, dass sie je nach ihrem Bestimmungszweck leicht und sicher begangen oder befahren werden können und in der Nähe beschäftigte Personen nicht gefährdet werden.
Die Breite der Wege für den Fußgängerverkehr wird aus der Anzahl der gehenden Personen, die sie nutzen müssen, und aus der Art der Nutzung ermittelt. Dabei sind die Mindestbreiten nach Tabelle 2 ASR A1.8 nicht zu unterschreiten.
In Gebäuden, die bis zum 30.09.2022 errichtet worden sind oder deren
Bauantragstellung bis zu diesem Termin erfolgt ist, sind Ausnahmen gemäß Abschnitt 4.2 Absätze 3-6 ASR A1.8 zulässig.
Verkehrswege zwischen Schienenfahrzeugen mit Geschwindigkeiten unter 30 km/h und ohne feste Einbauten in den Verkehrswegen sowie Rangiererwege werden gesondert geregelt.
Die erforderliche Mindestbreite der Verkehrswege muss ständig freigehalten werden, damit sie jederzeit benutzt werden können.
Siehe Arbeitsstättenverordnung und ASR A1.8 "Verkehrswege"
3.16.2 Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung sind die erforderlichen Flucht-, Rettungswege und Notausgänge (Anzahl, Anordnung, Abmessung) festzulegen und umzusetzen.
Flucht- und Rettungswege sind Verkehrswege, für die besondere Anforderungen gelten. Bei Gefahr müssen sich die Beschäftigten unverzüglich in Sicherheit bringen oder schnell gerettet werden können.
Die Selbstrettung der Beschäftigten und sonstiger Personen, die sich in der Arbeitsstätte befinden, steht im Arbeitsstättenrecht im Vordergrund.
Beim Einrichten und Betreiben von Fluchtwegen und Notausgängen sind die beim Errichten von Rettungswegen zu beachtenden Anforderungen des Bauordnungsrechts der Länder zu berücksichtigen.
Fluchtwege sind in Abhängigkeit von vorhandenen Gefährdungen und den damit verbundenen maximal zulässigen Fluchtweglängen sowie in Abhängigkeit von Lage und Größe des Raums anzuordnen. Fluchtwege führen ins Freie oder in einen gesicherten Bereich. Die Mindestbreite der Fluchtwege bemisst sich nach der höchstmöglichen Anzahl der Personen, die im Bedarfsfall den Fluchtweg benutzen müssen. Flucht-, Rettungswege, Notausgänge und Notausstiege müssen ständig freigehalten werden. Fluchtwege sind deutlich erkennbar und dauerhaft zu kennzeichnen.
Siehe Arbeitsstättenverordnung, ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge" und Bauordnungsrecht der Länder.
3.16.3 Arbeitsgruben müssen so mit Fahrzeugen besetzt werden, dass Ausstiege für ein schnelles Verlassen im Gefahrfall nicht versperrt sind. Ist das aus betrieblichen Gründen nicht möglich, muss mindestens ein Ausstieg frei bleiben. Ist eine Arbeitsgrube mit mehreren Fahrzeugen besetzt, muss dazwischen ein Abstand eingehalten und ein weiterer Ausstieg eingerichtet werden.
3.17 Handhabung von Feuerlöscheinrichtungen
Zur Bekämpfung von Entstehungsbränden ist eine ausreichende Anzahl von Beschäftigten (Brandschutzhelfer und Brandschutzhelferinnen) durch Unterweisung und Übung im Umgang mit Feuerlöscheinrichtungen vertraut zu machen.
Ein Anteil von 5 % der Beschäftigten ist in der Regel ausreichend. Eine größere Anzahl von Brandschutzhelfern und Brandschutzhelferinnen kann zum Beispiel in Bereichen mit erhöhter Brandgefährdung, bei der Anwesenheit vieler Personen, Personen mit eingeschränkter Mobilität sowie bei großer räumlicher Ausdehnung der Arbeitsstätte erforderlich sein. Bei der Festlegung sind Schichtbetrieb und Abwesenheit einzelner Beschäftigter, z. B. aufgrund von Fortbildung, Urlaub und Krankheit, zu berücksichtigen.
Zum Unterweisungsinhalt gehören, neben den Grundzügen des vorbeugenden Brandschutzes, Kenntnisse über die betriebliche Brandschutzorganisation, die Funktions- und Wirkungsweise von Feuerlöscheinrichtungen, die Gefahren durch Brände sowie über das Verhalten im Brandfall. Die fachkundige Unterweisung beinhaltet auch praktische Übungen im Umgang mit Feuerlöscheinrichtungen (Löschübungen). Es wird empfohlen, die Unterweisung mit Übung in Abständen von 3 bis maximal 5 Jahren zu wiederholen.
Siehe "Arbeitsstättenverordnung" und ASR A2.2 "Maßnahmen gegen Brände"
3.18 Psychische Belastung
Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst geringgehalten wird.
Psychische Belastung führt zu Beanspruchungen, die sich positiv (z. B. in Form von Abwechslung, Lernfortschritt), neutral oder negativ (z. B. in Form von Stresserleben, gesundheitlichen Beeinträchtigungen etc.) auf Personen auswirken können. Im Fall negativer Auswirkungen wird von Fehlbeanspruchungen gesprochen. Bei der Gefährdungsbeurteilung sollen vorrangig die psychischen Belastungsfaktoren berücksichtigt werden, die mit Wahrscheinlichkeit zu Beeinträchtigungen beziehungsweise Fehlbeanspruchungen führen können.
Siehe §§ 4 und 5 "Arbeitsschutzgesetz".
3.19 Persönliche Schutzausrüstungen (inkl. Hautschutz)
3.19.1 Den Versicherten sind geeignete persönliche Schutzausru¨stungen bereitzustellen. Sie müssen in ausreichender Anzahl zur persönlichen Verwendung für die Tätigkeit am Arbeitsplatz zur Verfügung stehen.
3.19.2 Für persönliche Schutzausrüstungen, die gegen tödliche Gefahren oder bleibende Gesundheitsschäden schützen sollen, ist die bereitzuhaltende Benutzungsinformation den Versicherten im Rahmen von Unterweisungen mit Übungen zu vermitteln.
Persönliche Schutzausrüstungen (PSA) sind immer dann bereitzustellen und zu benutzen, wenn die technischen und organisatorischen Maßnahmen ausgeschöpft sind und eine Restgefährdung (z. B. physikalischer, chemischer und biologischer Art) verbleibt, die durch PSA weiter minimiert werden kann. Im Fall des Umgangs mit Gefahrstoffen ist vorher außerdem die Substitution zu prüfen. PSA müssen für die jeweiligen Arbeitsbedingungen geeignet sein, den Beschäftigten zur Verfügung stehen und während der gesamten Gebrauchsdauer funktionieren und sich in einem hygienisch einwandfreien Zustand befinden. Die Kosten für PSA sind vom Unternehmen zu tragen.
Siehe "PSA-Benutzungsverordnung" und Kapitel 4 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention".
3.19.3 Die Beschäftigten sind verpflichtet, die ihnen zur Verfügung gestellte persönliche Schutzausrüstung bestimmungsgemäß zu verwenden.
Siehe § 15 "Arbeitsschutzgesetz" und § 29 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention".
3.20 Raumabmessungen und Bewegungsflächen
Arbeitsräume müssen eine ausreichende Grundfläche und Höhe sowie einen ausreichenden Luftraum aufweisen. Die Abmessungen der Räume richten sich nach der Art ihrer Nutzung. Die Größe des notwendigen Luftraums ist in Abhängigkeit von der Art der physischen Belastung und der Anzahl der Beschäftigten sowie der sonstigen anwesenden Personen zu bemessen.
Damit wird sichergestellt, dass die Beschäftigten ohne Beeinträchtigung ihrer Sicherheit, ihrer Gesundheit oder ihres Wohlbefindens ihre Arbeit verrichten können.
Siehe "Arbeitsstättenverordnung" und ASR A1.2 "Raumabmessungen und Bewegungsflächen"
3.21 Raumtemperatur
In Werkstätten mit erheblichem betriebstechnisch bedingten Wärmeeinfluss, mit Belastungen durch Lufttemperatur, Luftfeuchte, Luftgeschwindigkeit, Wärmestrahlung, Arbeitsschwere oder Bekleidung ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu prüfen, ob und welche technischen, organisatorischen oder personenbezogenen Maßnahmen erforderlich sind.
Überschreitet die Lufttemperatur im Raum +30 °C, müssen wirksame Maßnahmen entsprechend der Gefährdungsbeurteilung getroffen werden, die die Beanspruchung der Beschäftigten reduzieren. Dabei gehen technische und organisatorische gegenüber personenbezogenen Maßnahmen vor.
In Werkstätten muss die Lufttemperatur zum Beispiel bei mittelschwerer Arbeit mindestens 17 °C betragen, wobei diese Lufttemperatur während der gesamten Nutzungsdauer zu gewährleisten ist. Wird diese Lufttemperatur nicht erreicht, ist der Schutz gegen zu niedrige Temperaturen durch zusätzliche arbeitsplatzbezogene technische Maßnahmen (z. B. Wärmestrahlungsheizung, Heizmatten), organisatorische Maßnahmen (z. B. Aufwärmzeiten) oder personenbezogene Maßnahmen (z. B. geeignete Kleidung) sicherzustellen.
Siehe "Arbeitsstättenverordnung" und ASR A3.5 "Raumtemperatur".