6 Gefährdungsbeurteilung vor dem Einsatz

Der Umgang mit fahrbaren Hubarbeitsbühnen ist für den Bediener, aber auch für im Arbeitsbereich befindliche Personen mit erheblichen Gefährdungen verbunden. Diese Gefährdungen muss der Arbeitgeber bzw. die beauftragte Führungskraft ermitteln und zum Schutz der Beschäftigten wirkungsvolle Maßnahmen festlegen.

   
 

6.1 Gefährdungsbeurteilung allgemein

Unter Berücksichtigung von Arbeitsstätten, Arbeitsplätzen, Maschinen und Anlagen sind in der Gefährdungsbeurteilung die


zu beachten.

Die Gefährdungsbeurteilung (Bild 6-1) ist zu dokumentieren (ArbSchG, BetrSichV, BGV A1).

Achtung!

Die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung hat nur dann das Ziel erreicht, wenn hierzu Schutzziele bestimmt und Maßnahmen festgelegt wurden.

Regelmäßig ist die Wirksamkeit und Einhaltung der Schutzmaßnahmen zu überprüfen:

  • Wirkungskontrolle, d. h. es muss überprüft werden, ob die vorgesehenen Schutzmaßnahmen wirkungsvoll sind.
  • Erhaltungskontrolle, d. h., ob die Schutzvorkehrungen auf Dauer wirksam sind.

Bild 6-1: Gefährdungsermittlung
Bild 6-1: Gefährdungsermittlung

   
 

6.2 Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung des Einsatzortes

Wie bereits im Abschnitt 6.1 aufgeführt, ist in einer Gefährdungsbeurteilung für den Einsatz von fahrbaren Hubarbeitsbühnen auch der Einsatzort zu berücksichtigen.

So können z. B. auf Baustellen (Bild 6-2) weitaus größere Gefährdungen als im stationären Betrieb (z. B. bei einfachen handwerklichen Tätigkeiten, wie Glühlampenwechsel) vorliegen. Das heißt, der Einsatz von Hubarbeitsbühnen auf Baustellen oder ähnlichen Umgebungsbedingungen bedarf einer besonderen Planung.

Bild 6-2: Hubarbeitsbühne im Baustelleneinsatz
Bild 6-2: Hubarbeitsbühne im Baustelleneinsatz

Über die Festlegungen in der allgemeinen Gefährdungsbeurteilung hinaus bezieht sich die projektbezogene Gefährdungsbeurteilung u. a. auf folgende Fragen:

Insbesondere für Baustellen gilt, dass die Gefährdungsbeurteilung laufend den Anforderungen des Baufortschrittes angepasst werden muss.

     
 

6.3 Hauptgefährdungen

Das Unfallgeschehen zeigt beim Umgang mit fahrbaren Hubarbeitsbühnen folgende Hauptgefährdungen:

  1. Absturzgefährdung – Herausfallen/Herausschleudern aus der Hubarbeitsbühne
  2. Quetschgefährdung – Einquetschen zwischen Bedienpult bzw. Geländer der Hubarbeitsbühne und Teilen der Umgebung

Herausfallen/Herausgeschleudertwerden aus der Hubarbeitsbühne

Herausfallen:
Personen können durch Umfallen der Hubarbeitsbühne aus dem Arbeitskorb herausfallen.

Ursachen hierfür sind z. B.

Eine gute Planung vor dem Einsatz der Hubarbeitsbühne und die Vorbereitung der Fahrwege und Abstützflächen für die fahrbare Hubarbeitsbühne sind Grundvoraussetzungen zur Vermeidung der Umsturzgefährdung.

Der bestimmungsgemäße Einsatz unter Berücksichtigung der Betriebsanleitung, Nutzung der technischen Möglichkeiten (z. B. Abstützung unter Verwendung der Nivellierwaage/Dosenlibelle), Unterweisung und Einweisung sowie der Einsatz eines Sicherungspostens können diese Gefährdungen minimieren und sind als Maßnahmen in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.

Herausgeschleudert werden:
Durch Hängenbleiben an und unter Konstruktionen bzw. in Bäumen oder Überfahren von Hindernissen können Personen aus dem Arbeitskorb herausgeschleudert werden (Peitscheneffekt/Katapulteffekt).

Aufmerksame und verantwortungsbewusste Fahrbewegungen des Bedieners und die Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz (Haltesystem) in allen Auslegerbühnen vermindern dieses Risiko.

Das Risiko eines Absturzes besteht auch beim Verlassen des Arbeitskorbes in angehobener Stellung der Hubarbeitsbühne, z. B. beim Übersteigen des Geländers in Konstruktions- und Gebäudeteile (siehe 6.4).

Quetschungen

Ist die Hubarbeitsbühne gegenüber dem Unterwagen um mehr als 90° gedreht, kehren sich die Fahrtrichtungen am Joystick um, d. h. der bisherige Befehl Vorwärtsfahrt leitet eine Rückwärtsbewegung ein. Dies kann zu einer ungewollten Fahrbewegung führen, sodass Personen u. U. zwischen Bedienpult bzw. Geländer des Arbeitskorbes und Teilen der Umgebung eingequetscht werden.

Häufig befinden sich Teile der Umgebung (z. B. Stahlträger) im Rücken der Bedienperson. Da sie diese nicht sieht, besteht beim Drehen, Teleskopieren, Heben und Senken des Arbeitskorbes die Gefahr, dass sie mit ihrem Rücken gegen diese Teile fährt und zwischen diesen und dem Bedienpult eingequetscht wird. Bei ungeschützten Bedienelementen ist sie dann häufig nicht mehr in der Lage, diese zu bedienen und sich selber freizufahren. Einige Hersteller bieten Hubarbeitsbühnen mit Schutzausrüstungen gegen Einquetschen an, z. B.

Keinenfalls darf der Betreiber/Mieter der fahrbaren Hubarbeitsbühne in die Steuerung eingreifen und Schutzausrüstungen gegen Einquetschen anbauen. Dies obliegt ausschließlich dem Hersteller.

Bild 6-3: Schutzbügel gegen unbeabsichtigtes Betätigen der Bedienelemente
Bild 6-3: Schutzbügel gegen unbeabsichtigtes Betätigen der Bedienelemente

Weiterhin werden mechanisch wirkende Schutzleisten bzw. Ultraschallsensoren zur Absicherung der Quetschstellen angeboten (Bilder 6-4 und 6-5).

Bild 6-4: Absicherung von Bedienpult und Geländer durch eine Abschaltleiste gegen Quetschgefahren
Bild 6-4: Absicherung von Bedienpult und Geländer durch eine Abschaltleiste gegen Quetschgefahren
Bild 6-5: Dreistellungs-Joystick
mit Panikstellung
Bild 6-5: Dreistellungs-Joystick mit Panikstellung

Unterweisung und Einweisung vor Ort mit Hinweis auf die Quetschgefahren sowie die erhöhte Aufmerksamkeit des Bedieners tragen auch zur Reduzierung dieser Gefährdungen bei.

     
 

6.4 Aussteigen im angehobenen Zustand


Aus- und Übersteigen aus dem Arbeitskorb einer Hubarbeitsbühne auf angrenzende Bauteile ist grundsätzlich nicht erlaubt. Die Hubarbeitsbühne ist ein Arbeitsplatz und keine Aufstiegshilfe, kein Aufzug und kein Kran!

Die Bedienungsanleitungen der Hersteller sehen ein Verlassen des Arbeitskorbes nur in Grundstellung der Hubarbeitsbühne vor. Der vorgesehene Ausstieg ist dabei zu benutzen.

Trotzdem kann es gerade in Einzelfällen notwendig sein, im angehobenen Zustand in die Konstruktion einzusteigen, um einzelne kurzzeitige Montage vorgänge durchzuführen. Sollte ein Aussteigen unabdingbar sein und der Einsatz anderer Sicherungsmaßnahmen ein höheres Absturzrisiko mit sich bringen, kann dies in begründeten Ausnahmesituationen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein.

Dieser begründete Einzelfall muss unter Berücksichtigung der zusätzlichen Absturz- und Quetschgefahr in einer am Einsatzort vorliegenden, gesonderten Gefährdungsbeurteilung eingearbeitet sein.

Zusätzliche dynamische Kräfte durch Springen usw. sind beim Aus- und Einsteigen unbedingt zu vermeiden. Die Bediener werden für diese Situation besonders geschult und unterwiesen. Besteht beim Übersteigen Absturzgefahr, sichern sich die Personen vor dem Aussteigen durch PSA gegen Absturz an geeigneten konstruktiven Anschlagpunkten außerhalb der Arbeitsbühne, die durch den Arbeitgeber festgelegt sind (Anschlagpunkte müssen eine Stoßkraft von 7,5 kN aufnehmen können). Es erfolgt eine durchgehende Sicherung mit PSA gegen Absturz (Zweiseilsicherung).
Ein Rettungskonzept muss erarbeitet werden.

Weitere Bedingungen und Empfehlungen zum Überstieg bei der D-A-CH-S (Internationale Fachgruppe ˶Absturzsicherung˝) unter www.bauforumplus.eu/absturz.