3 Ermittlung von Substitutionsmöglichkeiten

3.1 Gefährliche Eigenschaften der eingesetzten Stoffe und Verfahren und sich daraus ergebende Gefährdungen für Beschäftigte

(1) Bei der Verwendung von stark lösemittelhaltigen Vorstrichen und Klebstoffen für den Bodenbereich (GISCODE S1 und S2) sowie SMP-Vorstrichen (GISCODE RS20 und RS25) ist davon auszugehen, dass die Arbeitsplatzgrenzwerte nach TRGS 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte" für einzelne Inhaltsstoffe sowie der Summengrenzwert nach TRGS 402 "Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition" überschritten werden [1].

(2) Bei der Verwendung stark lösemittelhaltiger Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich (GISCODE S1 und S2) besteht Brand- und Explosionsgefahr.

(3) Beim Einsatz von Vorstrichen und Klebstoffen, die Toluol enthalten, kann vermutlich das Kind im Mutterleib geschädigt werden.

(4) Bei der Verwendung von epoxidharzhaltigen Vorstrichen und Klebstoffen besteht bei Hautkontakt die Gefahr der Ausbildung einer allergischen Hauterkrankung.

3.2 Ersatzstoffe

(1) Grundierungen und Vorstriche werden benötigt, u. a. um die Saugfähigkeit des Untergrundes zu vermindern, den Staub zu binden und die Haftung von Klebstoffen und Spachtelmassen zu verbessern. Dazu werden lösemittelfreie Dispersionsvorstriche (GISCODE D1) oder lösemittelfreie PUR-Vorstriche (GISCODE RU1) eingesetzt.

(2) Spezielle Grundierungen und Vorstriche können die Wasserdampfdiffusionsrate aus feuchten Untergründen reduzieren. In der Regel kann dies mit lösemittelfreien Dispersionsvorstrichen (GISCODE D1) oder lösemittelfreien PUR-Vorstrichen (GISCODE RU1) erzielt werden.

(3) Auf allen belegreifen Unterböden können alle Bodenbeläge, Parkettarten und andere Holzfußböden mit lösemittelfreien Dispersionsklebstoffen (GISCODE D1), SMP-Klebstoffen (GISCODE RS10 und RS15) oder lösemittelfreien PUR-Klebstoffen (GISCODE RU0,5 und RU1) verklebt werden.

3.3 Ersatzverfahren ohne Klebstoffeinsatz

(1) In Abhängigkeit vom Untergrund und der Beanspruchung können Bodenbeläge lose verlegt oder verspannt werden.

(2) Einige elastische, textile und modulare mehrschichtige Bodenbeläge, Laminatböden sowie Holzfußböden und Parkettarten können klebstofffrei gegebenenfalls formschlüssig auf belegreifen Untergrund verlegt werden (bspw. Lose-lay, Produkte mit Klick- und Lockverbindungen, Nageln, Schrauben etc.). Zur Ausführung der jeweiligen Verlegung sind die Herstellerangaben zu beachten.

3.4 Empfohlene Substitutionsmöglichkeiten

(1) Die Verwendung stark lösemittelhaltiger Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich ist grundsätzlich nicht mehr notwendig. Technisch begründet können stark lösemittelhaltige Kontakt-Klebstoffe noch eingesetzt werden bei kleinflächigen Anwendungen und Reparaturarbeiten.

(2) Auf allen belegreifen Untergründen können alle Bodenbeläge, Parkettarten und andere Holzfußböden mit lösemittelfreien Dispersionsklebstoffen, SMP-Klebstoffen oder lösemittelfreien PUR-Klebstoffen verklebt werden.

(3) Vorstriche und Klebstoffe, die Toluol enthalten, sollten generell nicht eingesetzt werden, da die Gefahr einer Schädigung des Kindes im Mutterleib nicht ausgeschlossen werden kann. In Klebstoffen, die an Verbraucher abgegeben werden, ist Toluol in Konzentrationen über 0,1 % laut Anhang XVII Eintrag 48 der REACH-Verordnung [5] verboten.

(4) Auch lösemittelfreie Vorstriche und Bodenbelagsklebstoffe im Sinne dieser TRGS können Stoffe enthalten, die während und nach den Verlegearbeiten entweichen. Es gibt verschiedene Klassifizierungssysteme für das Emissionsverhalten lösemittelfreier Vorstriche und Bodenbelagsklebstoffe [6, 7]. Es wird empfohlen, die Hersteller nach dem Emissionsverhalten ihrer lösemittelfreien Produkte zu fragen.

3.5 Kriterien für die gesundheitliche und physikalisch-chemische Gefährdung

(1) Bei Einsatz stark lösemittelhaltiger Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich (GISCODE S1 und S2) liegen sehr hohe Lösemittelexpositionen vor.

(2) Bei Einsatz stark lösemittelhaltiger Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich (GISCODE S1 und S2) besteht Brand- und Explosionsgefahr.

(3) Beim Einsatz Epoxidharz-basierter Vorstriche und Klebstoffe (GISCODE RE10, RE20, RE30, RE40, RE50 und RE55) besteht eine Gesundheitsgefährdung durch inhalative und dermale Exposition, insbesondere im Hinblick auf eine Sensibilisierung, primär durch Epoxidharze (Oxiran-funktionelle Verbindungen).

(4) Ist durch technische oder organisatorische Schutzmaßnahmen kein ausreichender Schutz der Beschäftigten vor einer inhalativen Exposition möglich, müssen Atemschutzgeräte verwendet werden. Sind Lösemittelgemische mit Methanol, Aceton oder Methylacetat im Produkt enthalten, sind Atemschutzfilter nicht geeignet. Für diese Stoffe mit Siedepunkten unter 65 °C bieten bei Vorliegen weiterer organischer Verbindungen Atemschutzfilter grundsätzlich keinen Schutz [4]. Daher müssen in diesen Fällen umgebungsluftunabhängige Atemschutzgeräte verwendet werden. Wird bei der Verarbeitung von Vorstrichen und Klebstoffen nur ein Niedrigsieder freigesetzt, kann Atemschutz mit AX-Filter verwendet werden. Dabei sind die Vorgaben des Herstellers des Atemschutzfilters zu beachten. Für Personen, die Atemschutzgeräte tragen, ist eine arbeitsmedizinische Vorsorge gemäß Anhang Teil 4 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge anzubieten oder zu veranlassen. Auf die Begrenzungen der Gebrauchsdauer nach "Benutzung von Atemschutzgeräten" (DGUV-Regel 112-190) wird hingewiesen [4]. Auf Abschnitt 3.6 Absatz 3 wird ebenfalls hingewiesen.

(5) Bei Einsatz von Vorstrichen und Klebstoffen, die Toluol enthalten, kann eine Schädigung des Kindes im Mutterleib nicht ausgeschlossen werden.

(6) Bei der Verwendung von epoxidharzhaltigen Vorstrichen und Klebstoffen besteht bei Hautkontakt die Gefahr der Ausbildung einer allergischen Hauterkrankung.

(7) Bei Einsatz lösemittelfreier Dispersionsklebstoffe, SMP-Klebstoffe oder lösemittelfreier PUR-Klebstoffe werden die Luftgrenzwerte sowie die Summengrenzwerte nach TRGS 402 eingehalten [1]. Durch Biomonitoring konnte nachgewiesen werden, dass selbst bei gelegentlichem Hautkontakt mit diesen Klebstoffen keine oder eine nur sehr geringe Belastung der Beschäftigten besteht.

(8) Bei der Verwendung von PUR-Klebstoffen kann direkter Hautkontakt nicht ausgeschlossen werden. Dieser Hautkontakt ist einer niedrigen oder mittleren Gefährdung nach TRGS 430 "Isocyanate" [9] zuzuordnen.

(9) Bei den in dieser TRGS als Ersatzstoff benannten PUR-Vorstrichen und -Klebstoffen besteht die Verpflichtung zu Durchführung spezieller Schulungen der Verwender und der Personen, die die Handhabung überwachen (Anhang XVII Eintrag 74 der REACH-Verordnung [5]). Eine Schulung ist nicht erforderlich bei der Verarbeitung von PUR-Klebstoffen, deren Gehalt an monomeren Diisocyanaten kleiner 0,1 Gew. % ist. Weitere Informationen zu den notwendigen Schulungen werden u. a. in den Leitlinien der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Chemikaliensicherheit (BLAC) [10] bereitgestellt.

3.6 Besondere Maßnahmen, die bei der Entscheidung zu beachten sind, falls keine Substitutionsmöglichkeiten angewendet werden sollen

(1) Wenn im Einzelfall die betriebliche Eignung der Substitutionslösungen mit Hilfe von Anhang 3 der TRGS 600 überprüft wird, sind insbesondere die folgenden Maßnahmen in die Betrachtung einzubeziehen.

(2) Bei der Verwendung stark lösemittelhaltiger Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich sowie SMP-Vorstriche (GISCODE S1 und S2 bzw. RS20 und RS25) werden die Arbeitsplatzgrenzwerte nach TRGS 900 für einzelne Inhaltsstoffe sowie der Summengrenzwert nach TRGS 402 überschritten [1]. Da durch technische oder organisatorische Schutzmaßnahmen kein Schutz der Beschäftigten möglich ist, müssen Atemschutzgeräte verwendet werden. Sind Lösemittelgemische mit Aceton, Methanol oder Methylacetat enthalten, bieten Atemschutzfilter keinen Schutz. Es müssen umgebungsluftunabhängige Atemschutzgeräte verwendet werden. Wird bei der Verarbeitung von Vorstrichen und Klebstoffen nur ein Niedrigsieder freigesetzt, kann Atemschutz mit AX-Filter verwendet werden. Dabei sind die Vorgaben des Herstellers des Atemschutzfilters zu beachten. Auf die Begrenzungen der Gebrauchsdauer nach "Benutzung von Atemschutzgeräten" (DGUV-Regel 112-190) wird hingewiesen [4].

(3) Das Tragen belastender persönlicher Schutzausrüstung darf keine Dauermaßnahme sein. Daher ist vor Aufnahme der Arbeiten eine Ausnahmegenehmigung von den Anforderungen des § 7 Absatz 5 Satz 2 GefStoffV bei der zuständigen Behörde zu beantragen, wenn der Einsatz stark lösemittelhaltiger Vorstriche oder Klebstoffe (GISCODES S1 und S2) nicht zu vermeiden ist. Der Arbeitgeber hat hierzu im Ausnahmeantrag entsprechend § 19 GefStoffV darzulegen, aus welchem Grund die Durchführung der Arbeiten entsprechend der Abschnitte 3.3, 3.4 oder 3.5 zu einer unverhältnismäßigen Härte führen würde und durch welche Maßnahmen der Gesundheitsschutz der Beschäftigten gewährleistet wird.