Gefährdungen durch Gewitter und Blitzschlag können sich vorwiegend in den Monaten Mai bis August ergeben, sind bei bestimmten Wetterlagen aber zu jeder Jahreszeit möglich. Beschäftigte mit Arbeitsplätzen im Freien sind stark gefährdet und durch entsprechende Maßnahmen zur Minimierung der Gefährdungen zu schützen. Bei Gewittern kann als weitere Gefährdung Hagelschlag auftreten.
(1) Mit Gewittern muss immer gerechnet werden, wenn diese in Wettervorhersagen angekündigt sind oder persönliche Erfahrungen dies erwarten lassen. Bei entsprechender Wetterlage ist auch mit der spontanen Entstehung örtlich begrenzter Gewitter zu rechnen.
(2) Bei einer Wetterlage, in der Gewitter entstehen können, steigen auch die Gefährdungen durch einen Blitzschlag. Der ungeschützte Aufenthalt an Arbeitsplätzen im Freien, an denen die Beschäftigten den höchsten Punkt darstellen, erhöht die Gefährdung des direkten Blitzschlages in die Person. Hohe Objekte mit Kanten und Spitzen begünstigen einen Blitzschlag mit gegebenenfalls indirekten Gefährdungen, wie Lärm, Blendung, Ausfall von Arbeitsmitteln, Auftreten von Schrittspannung.
(3) Bei der Beurteilung von Gefährdungen durch Blitzschlag sind die nachfolgend benannten Aspekte zu beachten mit dem Ziel, eine rechtzeitige Warnung zu veranlassen, damit die Beschäftigten einen sicheren Ort bei Blitzschlaggefahr aufsuchen können:
(4) Bei Annährung oder Abzug eines Gewitters sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung in Abhängigkeit des gewählten Verfahrens (optisch-akustische Bewertung oder Feldstärke-Messung) als Beurteilungsmaßstäbe die Werte der Tabelle 4 heranzuziehen. Bei Konstellationen der sicheren Blitzableitung aufgrund der Umgebungsbedingungen, z. B. im innerstädtischen Kontext oder bei ähnlichen Gegebenheiten, z. B. im Schutzbereich von Fangeinrichtungen (siehe Anhang 2), darf die Gefährdung durch Blitzschlag eine Stufe niedriger angesetzt werden.
Tab. 4: Beurteilungsmaßstäbe für Gefährdungen durch Blitzschlag
| Verfahren | Blitzschlaggefahr | ||
| gering | hoch | sehr hoch | |
| optisch-akustisch | Donner nicht wahrnehmbar, d. h. mehr als 10 km Abstand; 30 Minuten nach letztem Donner | Donner ohne oder mit Zuordnung zum Blitzereignis wahrnehmbar | Zeit zwischen Blitzereignis und Donner weniger als 10 s, d. h. weniger als 3,4 km Abstand |
| Feldstärke-Messung | weniger als 3000 V/m | 3000 V/m bis 5000 V/m | über 5000 V/m |
(1) Im Rahmen dieser ASR dürfen zur Beurteilung von Gefährdungen durch Gewitter und Blitzschlag verschiedene Verfahren mit unterschiedlichem Ermittlungsaufwand angewendet werden.
(2) Bei allen Verfahren ist zu beachten, dass eine langfristige Vorhersage von Gewitter und Blitzschlag nicht möglich ist. Erkenntnisse über konkrete Gewitter- und Blitzschlaggefahren sind den Beschäftigten an Arbeitsplätzen im Freien daher stets unverzüglich mit geeigneten Mitteln in Form einer rechtzeitigen Warnung bekanntzugeben.
(1) Beobachtungen zur Wetterentwicklung in der Umgebung durch die Beschäftigten liefern eine Grundlage zur Beurteilung der vor Ort bestehenden Gefährdungen durch Blitzschlag nach Tabelle 4.
(2) Gewitter lassen sich durch Donnergeräusche wahrnehmen. Abhängig von Randbedingungen, wie Windrichtung, Hintergrundgeräuschen, Temperatur, Luftfeuchte und Gelände, ist dies bei einem Abstand zum Gewitter kleiner 20 km wahrnehmbar. Zunächst nur als andauerndes Raunen oder Rollen wahrnehmbar, wird der Donner bei einem Abstand zum Gewitter kleiner 5 km zum Knallgeräusch.
Hinweise:
1. Bei einer Zeitdifferenz von 1 Sekunde zwischen Licht- und Geräuschereignis entspricht dies einer Entfernung von ca. 340 m. Zur Abstandsermittlung muss der Donner als Knallgeräusch dabei eindeutig einem Blitz zugeordnet werden können.
2. Verwendung von Gewitter-Warnungen/Warn-Apps: Beim Durchzug von Frontgewittern können sie Informationen zum wahrscheinlichen Zeitpunkt des Eintreffens geben. Durch Beobachtung des zeitlichen Verlaufs in Warn-Apps, auch unter Nutzung von Prognose-Funktionen, lassen sich Abstand, Zugbahn und Zuggeschwindigkeit eines Gewitters und die voraussichtliche Ankunftszeit abschätzen. Bei Entstehung von regionalen Wärmegewittern können Gewitter-Warnungen/Warn-Apps nicht als Verfahren zur Beurteilung der Gewitter- und Blitzschlaggefahren vor Ort/am Arbeitsplatz eingesetzt werden.
(1) Bei der Feldstärkemessung am Boden werden mit stationärer Messtechnik fortlaufend die Feldstärken ermittelt und beim Überschreiten örtlich festgelegter Werte Blitzschlaggefahren festgestellt.
(2) Mit diesem Verfahren lassen sich auch atmosphärische Zustände erkennen, die schon weit im Vorfeld von Gewittern auf Blitzschlaggefahren hindeuten.
Maßnahmen gegen Gefährdungen durch Gewitter und Blitzschlag sind im Vorfeld zu planen und den Beschäftigten durch Unterweisung bekanntzumachen.
(1) Nicht allseits umschlossene Arbeitsstätten sind als sicherer Ort bei Blitzschlaggefahr einzurichten, wenn an den in ihnen befindlichen Arbeitsplätzen bei Blitzschlaggefahr weitergearbeitet werden soll.
(2) Kabinen mobiler Arbeitsmittel sind als sicherer Ort bei Blitzschlaggefahr auszulegen, wenn die Beschäftigten sich bei Blitzschlaggefahr darin aufhalten sollen.
(3) In exponierten Arbeitsstätten (z. B. bei Offshore-Windenergieanlagen) ist ein sicherer Ort bei Blitzschlaggefahr einzurichten.
(4) Sichere Orte bei Blitzschlaggefahr schützen in der Regel auch gegen Hagelschlag.
Als organisatorische Maßnahmen soll unter Berücksichtigung der Aspekte in Abschnitt 8.1 Absatz 3 vorgesehen werden, dass
(1) Beschäftigte haben vorgegebene organisatorische Maßnahmen bei Blitzschlaggefahr unverzüglich zu befolgen, da eine Reaktion im Moment des Blitzschlages nicht mehr möglich ist.
(2) Nach dem Aufsuchen sicherer Orte bei Blitzschlaggefahr ist der Kontakt zu metallischen Außenflächen, z. B. von Fahrzeugen oder Containern, und zu Kabeldurchführungen zu vermeiden. Der sichere Ort darf erst nach Wegfall der Blitzschlaggefahr verlassen werden.
(3) Wenn sichere Orte bei Blitzschlaggefahr nicht aufgesucht werden können, haben Beschäftigte