Diese Anlage beschreibt ein gemeinsames Grundverständnis zu den einzelnen Prozessschritten und zur Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung.
Die Prozessschritte der Gefährdungsbeurteilung sind:

Die Gefährdungsbeurteilung ist je nach Art der Arbeitsbereiche und Tätigkeiten durchzuführen. Daher kann es erforderlich sein, eine entsprechende Gliederung nach verschiedenen Arbeitsbereichen, Tätigkeiten oder Abläufen vorzunehmen.
Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen können Arbeitsplätze oder Tätigkeiten zusammengefasst werden.
Wenn von Beschäftigten arbeitsbereichsübergreifende Tätigkeiten wie beispielsweise Reparatur, Wartung und Instandhaltung ausgeführt werden, sind diese gesondert zu betrachten.
Sofern erforderlich, ist für Tätigkeiten auch ihre Dauer bzw. Häufigkeit (zum Beispiel temporär, täglich, quartalsweise, jährlich) zu erfassen. Dies kann bei bestimmten Tätigkeiten, wie z. B. Feuchtarbeit oder Umgang mit Gefahrstoffen oder Biostoffen, der Fall sein.
Besondere Personengruppen sind zu berücksichtigen. Dies sind insbesondere Praktikanten, Jugendliche, werdende oder stillende Mütter, Leiharbeitnehmer, Beschäftigte ohne ausreichende Deutschkenntnisse, Menschen mit Behinderungen.
Werden in einem Arbeitsbereich oder einem Betrieb Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig, so haben sich diese Arbeitgeber bei der Festlegung von Maßnahmen zur Vermeidung gegenseitiger Gefährdungen der Beschäftigten abzustimmen. Dies betrifft insbesondere Baustellen, kann aber auch auf Bürogemeinschaften zutreffen.
Ziel der Ermittlung ist die systematische Identifizierung von Gefährdungen, deren Quellen und gefahrbringenden Bedingungen.
Das Ermitteln beinhaltet die Erfassung des Planungs- oder Ist-Zustandes (zum Beispiel durch Prüfen, Beobachten, Befragen, Messen, Berechnen oder Abschätzen) sowie die anschließende Benennung und Beschreibung der Gefährdungen.
Zur fachkundigen Ermittlung von Gefährdungen sind systematisch alle unter Prozessschritt 1 festgelegten Arbeitsbereiche, Tätigkeitsgruppen, Personengruppen sowie bereichsübergreifende Arbeitsaufgaben bezüglich der Gefährdungs- und Belastungsfaktoren und deren Wechselwirkungen zu betrachten.
Sofern es zur Erkenntnisgewinnung erforderlich ist, sind relevante Quellen heranzuziehen, zum Beispiel:
Zu beachten ist, dass bei der Ermittlung von Gefährdungen keine bestimmten Anforderungen an das Ausmaß oder die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Gesundheitsschadens oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung gestellt werden.
Die ermittelten Gefährdungen sind dahingehend zu bewerten, ob Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit gewährleistet sind. Grundlage für die Bewertung sind Vorschriften und rechtliche Vorgaben, in denen Bewertungsmaßstäbe in Form von Grenzwerten und Schutzzielen zu finden sind.
Darüber hinaus kommen der Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse in Frage. Diese sind beispielsweise in Veröffentlichungen der Unfallversicherungsträger, der Länder sowie der BAuA zu finden.
Der Unternehmer muss bei fehlenden Bewertungsmaßstäben eigene betriebliche Maßstäbe entwickeln. Grundlage dafür können folgende Aspekte sein:
Fehlt dem Unternehmer die Fachkunde zur Bewertung der ermittelten Gefährdungen, muss die Unterstützung von der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt bzw. der Betriebsärztin oder von anderen Fachleuten eingeholt werden.
Folgende Bewertungsergebnisse sind möglich:
Unabhängig von den Bewertungsergebnissen ist stets eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit anzustreben.
Die Ergebnisse der Bewertungen bilden die Basis für das Festlegen der erforderlichen konkreten Maßnahmen.
Dabei sind die Maßnahmen unter Berücksichtigung der Grundsätze von § 4 ArbSchG so festzulegen, dass vorhandene Gefährdungen für das Leben sowie für die physische und die psychische Gesundheit vermieden werden. Verbleibende Gefährdungen sind möglichst gering zu halten. Substitution und Gefahrenbeseitigung bzw. -vermeidung an der Quelle haben stets Vorrang vor technischen Lösungen, organisatorischen Regelungen und personenbezogenen Arbeitsschutzmaßnahmen.
Entsprechend ist beim Festlegen von Maßnahmen die folgende Maßnahmenhierarchie zu berücksichtigen:
Nach Möglichkeit sind zur Festlegung von Maßnahmen Alternativen aufzuzeigen, um betriebsbezogene und der konkreten Gefährdung angemessene Entscheidungen zu ermöglichen und die Akzeptanz bei den Beschäftigten zu erhöhen.
Anhand der Bewertungsergebnisse ist die Durchführung aller Maßnahmen zu priorisieren.
Oberste Priorität bei der Umsetzung haben die Maßnahmen, bei denen die Gefährdungen mit den höchsten Eintrittswahrscheinlichkeiten und dem höchsten Schadensausmaß (höchstes Risiko) beseitigt werden. Monetäre Überlegungen oder Fragen der Personalressourcen dürfen hierbei keine Rolle spielen.
Bei der weiteren Umsetzung von Maßnahmen sollte in der Reihenfolge vorgegangen werden, dass der Mittel- und Ressourceneinsatz die besten Schutzwirkungen entfaltet.
Für die Durchführung der Maßnahmen sind Verantwortliche zu bestimmen und Fristen festzulegen.
Bei umfangreichen Maßnahmen sollte zudem eine Ablaufplanung erstellt werden, in der zum Beispiel Übergangsmaßnahmen, Meilensteine und andere Beteiligte genannt werden.
Es ist dafür zu sorgen, dass die durch die Umsetzung der Maßnahmen erreichten Verbesserungen im Arbeitsschutz von Verantwortlichen und Beschäftigten aufrechterhalten werden.
Die Umsetzung und die Wirksamkeit der festgelegten Maßnahmen sind zu überprüfen. Die Prüfung kann zum Beispiel durch Beobachten, Messen oder Befragen erfolgen. Dabei ist festzustellen, inwieweit die Maßnahmen umgesetzt wurden und dazu geführt haben, die Gefährdungen zu beseitigen bzw. hinreichend zu reduzieren. Es ist auch festzustellen, ob durch die Umsetzung der Maßnahmen neue Gefährdungen entstanden sind. Das Ergebnis ist zu dokumentieren.
Die Überprüfung der Wirksamkeit muss zeitnah nach der Maßnahmenumsetzung erfolgen.
Soweit es die betrieblichen Gegebenheiten erlauben, empfiehlt es sich, die Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen durch eine zweite geeignete Person durchführen zu lassen.
Zu einem systematischen Arbeitsschutzhandeln gehört es, die Gefährdungsbeurteilung kontinuierlich fortzuschreiben. Das bedeutet, die Gefährdungsbeurteilung aktuell zu halten und Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses weiter zu entwickeln.
Anlässe können zum Beispiel sein:
Anlassunabhängig sollte die Gefährdungsbeurteilung in regelmäßigen Zeitabständen überprüft werden. Dies sollte mindestens jährlich erfolgen, so dass insbesondere eine geeignete Grundlage für die regelmäßig, mindestens jedoch jährlich durchzuführende Unterweisung gegeben ist.
Die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 Arbeitsschutzgesetz erfordert keine bestimmte Art von Unterlagen. Sie kann in Papierform oder auch in Form einer elektronischen Speicherung von Daten erstellt werden. Mindestens zu dokumentieren ist:
Die Anforderungen an eine Dokumentation können darüber hinausgehen, wenn außer dem Arbeitsschutzgesetz weitere Rechtsnormen wie zum Beispiel die Gefahrstoffverordnung, die Arbeitsstättenverordnung oder Biostoffverordnung zu berücksichtigen sind.
Darüber hinaus empfiehlt es sich, nachfolgende Aspekte bei der Dokumentation zu berücksichtigen:
Dokumentationen auf elektronischer Basis und in Schriftform sind gleichwertig. Die Überprüfbarkeit der Gefährdungsbeurteilung durch die Aufsichtspersonen der UVT und der Behörde muss aber jederzeit gewährleistet sein. Fotos, Videos oder Audioaufzeichnungen können zur Dokumentation betrieblicher Gefährdungen und/oder Maßnahmen herangezogen werden.