6 Besondere Regeln aufgrund einer Fahrzeugsparte
6.1 Arbeiten an Behälterfahrzeugen für entzündbare und brandfördernde Stoffe
Für Arbeiten innerhalb von Behältern und engen Räumen von Fahrzeugen siehe Punkt 5.10 "Arbeiten in Behältern und engen Räumen von Fahrzeugen".
6.1.1 Grundsätzlich dürfen nur Behälterfahrzeuge mit zuvor entgasten und mit gültigem Gasfreiheitsattest versehenen Behältern in Werkstätten eingebracht werden.
6.1.2 Sollen nicht entgaste Behälterfahrzeuge für entzündbare Flüssigkeiten, deren Flammpunkt nicht ausreichend über der Verarbeitungstemperatur liegt, oder für entzündbare Gase in Werkstätten eingebracht werden, müssen geeignete Gaswarngeräte vorhanden sein, die optisch und akustisch das Auftreten explosionsfähiger Atmosphäre vor Erreichen der unteren Explosionsgrenze anzeigen (in der Regel bei 10 % (Voralarm) und 40 % (Hauptalarm) der UEG) und genutzt werden.
Gaswarngeräte für den Einsatz im Rahmen von Explosionsschutzmaßnahmen gemäß TRGS 722 "Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Gemische" sind so auszuwählen, dass die messtechnische Funktionsfähigkeit und die funktionale Sicherheit für den vorgesehenen Einsatzfall geeignet sind.
Die Anforderungen an die messtechnische Funktionsfähigkeit von Gaswarngeräten sind im Anhang II, Abschnitte 1.5.5 bis 1.5.7 der Richtlinie 2014/34/EU beschrieben. Die in der von der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie veröffentlichten "Liste funktionsgeprüfter Gaswarngeräte" aufgeführten Gaswarngeräte gelten als geeignet im Sinne ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Liste (siehe Explosionsschutzportal der BG RCI). Zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens können zusätzliche oder modifizierte Anforderungen gelten. Die Liste ist nicht abschließend. Nicht aufgelistete Geräte können ebenfalls geeignet sein.
Siehe DGUV Information 213-057 "Gaswarneinrichtungen und -geräte für den Explosionsschutz - Einsatz und Betrieb" sowie DGUV Information 213-056 "Gaswarneinrichtungen und -geräte für toxische Gase/Dämpfe und Sauerstoff".
6.1.3 Bei Instandhaltungsarbeiten an Behälterfahrzeugen für entzündbare Flüssigkeiten, deren Flammpunkt nicht ausreichend über der Verarbeitungstemperatur liegt, oder für entzündbare Gase ist die Technische Regel für Betriebssicherheit TRBS 1112 Teil 1 "Explosionsgefährdungen bei und durch Instandhaltungsarbeiten - Beurteilung und Schutzmaßnahmen" anzuwenden.
Das gilt auch, wenn die entzündbaren Flüssigkeiten beim Ablassen versprüht oder verspritzt werden. In diesem Fall ist die Höhe des Flammpunkts nicht ausschlaggebend.
Darüber hinaus sind die Vorschriften der TRGS 720 "Gefährliche Explosionsfähige Gemische - Allgemeiner Teil", der TRGS 721 "Beurteilung der Explosionsgefährdung" und der TRGS 722 "Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Gemische" anzuwenden.
6.1.4 Können bei Instandhaltungsarbeiten Zündquellen nicht vermieden werden und die Behälter, Armaturen und Leitungen nicht mit Wasser, inerten Gasen (Stickstoff, Kohlendioxid) oder Wasserdampf gefüllt werden, dürfen diese Arbeiten nur dann durchgeführt werden, wenn sichergestellt ist, dass keine Dämpfe entzündbarer Flüssigkeiten oder entzündbarer Gase außerhalb der gasführenden Bauteile vorhanden sind.
Ein Nachweis kann zum Beispiel durch Freimessen mit geeigneten Gaswarngeräten erfolgen.
Siehe Punkt 6.1.1.
6.1.5 Werden Instandhaltungsarbeiten in Bereichen durchgeführt, in denen eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre nicht ausgeschlossen ist und können dabei Zündquellen nicht vermieden werden, müssen die Instandhaltungsarbeiten unter Überwachung der Konzentration entzündbarer Stoffe durchgeführt werden.
Die Überwachung kann, in Abhängigkeit von der Wahrscheinlichkeit des Auftretens der gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre, entweder vor oder während der Durchführung der Instandhaltungsarbeiten erfolgen. Zur Überwachung sind geeignete Messverfahren anzuwenden. Die Messungen müssen an geeigneten Stellen zur zuverlässigen Feststellung der Konzentration der brennbaren Stoffe erfolgen.
6.1.6 Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen dürfen mit der Überwachung der Konzentration nur Personen beauftragen, die über die erforderliche Fachkunde verfügen.
Die Fachkunde bezieht sich auf
- die verwendeten Messgeräte und Messverfahren,
- die Eigenschaften der zu messenden Stoffe,
- die angewendeten Arbeitsverfahren,
- die betrieblichen Verhältnisse, z. B. die Beschaffenheit der Räume und Behälter oder mögliche Einbauten, die die Probenahme beeinflussen können.
6.1.7 Armaturenschrank und Pumpenaggregate sind von entzündbaren Flüssigkeiten zu reinigen, deren Flammpunkt nicht ausreichend über der Verarbeitungstemperatur liegt.
6.1.8 Liegt kein Gasfreiheitsattest vor, müssen auch bei Instandhaltungsarbeiten, die den Behälter, den Armaturenschrank und die Leitungen nicht betreffen und bei denen Zündquellen nicht vermieden werden können, die Instandhaltungsarbeiten unter Überwachung der Konzentration brennbarer Stoffe durchgeführt werden. Die Überwachung hat in Abhängigkeit von der Möglichkeit des Auftretens der gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre, vor und/oder während der Durchführung der Instandhaltungsarbeiten zu erfolgen. Die Messungen müssen an geeigneten Stellen zur zuverlässigen Feststellung der Konzentration der brennbaren Stoffe erfolgen. Darüber hinaus sind folgende Maßnahmen zu treffen
- Armaturenschrank und Pumpenaggregate sind von brennbaren Flüssigkeiten freizuhalten, deren Flammpunkt nicht ausreichend über der Verarbeitungstemperatur liegt. Die Gasfreiheit ist unmittelbar vor Beginn der Instandhaltungsarbeiten festzustellen.
- Alle Verschlüsse (Ventile, Rohrverschraubungen, Mannlochdeckel), die mit dem Behälter in Verbindung stehen, sind so zu schließen, dass keine brennbaren Flüssigkeiten austreten können, deren Flammpunkt nicht ausreichend über der Verarbeitungstemperatur liegt. Auch hier ist die Gasfreiheit festzustellen.
- Behälter, Leitungen, Armaturen und Pumpen sind bei Schweiß- oder Schleifarbeiten vor der entstehenden Wärme zu schützen.
- Werden die Arbeiten für längere Zeit unterbrochen, z. B. durch Mittagspausen oder das Arbeitszeitende, ist vor Wiederaufnahme der Arbeiten erneut die Gasfreiheit des Armaturenschranks und der Verschlüsse festzustellen.
Die Überwachung der Konzentration oder die Beurteilung der Gasfreiheit muss mit geeignetem Gaswarngerät durchgeführt werden.
Siehe Punkt 6.1.1.
6.2 Bewegen von Schienenfahrzeugen
6.2.1 Beim Bewegen von Schienenfahrzeugen sind spezielle Maßnahmen erforderlich:
- Beobachten des Fahrbereichs durch Einweisende
- Sicherstellen, dass andere Beschäftigte den Fahrbereich vor Beginn der Fahrbewegung verlassen haben.
- Sicherstellen, dass vor der Fahrbewegung der Fahrbereich und der seitliche Sicherheitsabstand frei von Hindernissen sind.
- Sichern der Gleisenden, so dass Schienenfahrzeuge nicht über das Gleisende hinausfahren können.
Diese Maßnahmen sind erforderlich, weil Schienenfahrzeuge spurgeführt sind, lange Anhaltewege haben und aufgrund der Anordnung des Führerstands beziehungsweise Fahrerplatzes der Nahbereich um das Schienenfahrzeug teilweise nicht einsehbar ist.
Siehe § 26 der DGVU Vorschrift 72 "Eisenbahnen" beziehungsweise der DGUV Vorschrift 73 "Schienenbahnen".
6.2.2 Müssen Fahrbewegungen in Gleisen durchgeführt werden, in denen gleichzeitig an, in oder unter anderen Fahrzeugen gearbeitet wird, sind besondere betriebliche
Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten zu treffen, zum Beispiel:
- Im gesamten Gleis darf höchstens mit Schrittgeschwindigkeit gefahren werden.
- Bei Annäherung an andere Fahrzeuge, an, in oder unter denen gearbeitet wird, ist in einem unternehmensspezifisch festzulegenden Sicherheitsabstand anzuhalten.
- Gegebenenfalls ist zu Einhaltung des Sicherheitsabstands die Hilfestellung einer einweisenden Person erforderlich.
- Wird bei Fahrbewegungen der festgelegte Sicherheitsabstand unterschritten, sind die Arbeiten an, in und unter dem Schienenfahrzeug zu unterbrechen und der Gefahrenbereich ist zu verlassen.
Als Sicherheitsabstand werden bei Schienenfahrzeugen 10 m empfohlen.
6.2.3 Werden Schienenfahrzeuge ohne den Einsatz von Triebfahrzeugen bewegt, sind in Abhängigkeit von dem jeweiligen Rangierverfahren gegebenenfalls
besondere Maßnahmen erforderlich, um den Gleisbereich zu beobachten sowie die Schienenfahrzeuge abzubremsen und anzuhalten.
Schienenfahrzeuge können ohne Triebfahrzeuge bewegt werden zum Beispiel mit
- spurgeführten Rangierfahrzeugen,
- mitgängergeführten kraftbetriebenen Rangiermitteln,
- Flurförderzeugen und Nutzkraftfahrzeugen,
- Seilzug- und Spillanlagen,
- Muskelkraft.
Siehe VBG-Fachwissen "Verschieben von Eisenbahnfahrzeugen – Bewegen ohne Lokomotiven" (Warnkreuz SPEZIAL Nr. 16).
Beim Einsatz von Funkfernsteuerungen sind die Regelungen der DGUV Information 214-089 "Verhaltensregeln für Mitarbeiter im Eisenbahnbetrieb" zu beachten.
6.3 Beilackierung an Schienenfahrzeugen
6.3.1 Die Größe der instand zu setzenden Fläche ist auf 2 m² zu begrenzen.
Zum Umfang von Beilackierungen zählen zum Beispiel Ausbesserungen von Unfallschäden, Anstoßstellen und Instandsetzungslackierungen. Das Beschichten der Flächen wird in der Regel mit Pinsel, Lackrolle oder im Farbspritzverfahren ausgeführt. Zu den Farbspritzverfahren zählt auch die Verwendung von Lacksprühdosen.
6.3.2 Bei Spritzlackierarbeiten und allen anderen Tätigkeiten, bei denen Lösemittel verwendet werden, muss eine Absaugeinrichtung in der Nähe der zu bearbeitenden Fläche verwendet werden.
Viele der heute verwendeten Lacke sind brennbare Flüssigkeiten, auch wenn vom Hersteller kein Flammpunkt angegeben ist (z. B. bei Wasserlacken). Beim Verspritzen kann in einem Bereich von 1 Meter um die zu lackierende Fläche eine explosionsfähige Atmosphäre entstehen.
Die Erfassungseinrichtung ist so zu positionieren, dass Lacknebel und Lösemitteldämpfe wirksam erfasst werden. Die Abluftleistung der Absaugeinrichtung sollte bei 2 m² mindestens 7000 m³/h, die Luftgeschwindigkeit im Absaugquerschnitt mindestens 0,5 m/s betragen. Dabei muss eine ausreichende Zuluft gewährleistet werden. Der Ventilator der Absaugeinrichtung muss zur Förderung lösemittelbeladener Luft geeignet sein.
Die Absaugeinrichtung muss auch mit einem Filter zur Abscheidung der Lackaerosole ausgerüstet sein. Die Abluft muss über das Dach ins Freie geführt werden.
Siehe DGUV Regel 113-001 "Explosionsschutz-Regeln (EX-RL)".
6.3.3 Nach Beendigung des Lackiervorgangs muss die Absaugung noch mindestens 5 Minuten weiterbetrieben werden, um alle Gefahrstoffe aus dem Arbeitsbereich zu entfernen. Bei Störung der Absaugung sind die Arbeiten sofort zu unterbrechen.
6.3.4 Offenes Feuer, Heißarbeiten und Rauchen sind während der Beilackierungsarbeiten im feuer- und explosionsgefährdeten Bereich verboten. Brandlasten wie Papier sind zu entfernen.
In explosions- und feuergefährdeten Bereichen dürfen grundsätzlich keinerlei Zündquellen wirksam werden. Im explosionsgefährdeten Bereich dürfen daher keine mobilen elektrischen Geräte aufgestellt und/oder betrieben werden (z. B. Notebook, Mobiltelefon oder Beleuchtung).
6.3.5 Mobile Infrarot-Trocknungsgeräte dürfen erst nach der Abdunstphase verwendet werden.
Der Abstand zwischen Strahler und lackierter Oberfläche sollte dabei mindestens 50 cm betragen.
6.3.6 Vor Aufnahme der Beilackierungsarbeiten sind folgende Hinweisschilder aufzustellen oder anzubringen:
- D-W021 "Warnung vor explosionsfähiger Atmosphäre"
- P002 "Rauchen verboten"
- P003 "Feuer, offenes Licht und Rauchen verboten"
- D-P006 "Zutritt für Unbefugte verboten".
Siehe Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A1.3 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung".
6.3.7 Für die Spritzlackierarbeiten ist persönliche Schutzausrüstung auszuwählen, bereitzustellen und zu benutzen.
In der Regel kann eine filtrierende Halbmaske mit Kombifilter A2P2 den Anforderungen genügen.
Siehe DGUV Information 212-515 "Persönliche Schutzausrüstungen".
6.4 Abgas-Absauganlagen an Schienenfahrzeugen, stationär und beim Ein- und Ausfahren
Grundsätzlich sind die Maßnahmen nach Punkt 11.12 zu berücksichtigen.
Bei Schienenfahrzeugen mit Dieselmotoren müssen in Anlehnung an die TRGS 554 "Abgase von Dieselmotoren" in der Halle anfallende Dieselmotoremissionen abgesaugt werden. Nach Möglichkeit sollen die Schienenfahrzeuge ohne Dieselmotoremissionen in und aus den Hallen verschoben werden. Ist das nicht möglich, sollen die Emissionen auch beim Ein- und Ausfahren abgesaugt werden.
6.5 Reinigen von Elektrokästen an Schienenfahrzeugen
Elektrokästen an Schienenfahrzeugen (z. B. Straßenbahnen) sind mit geeigneten Vorrichtungen abzusaugen. Staubaufwirbelungen sind zu vermeiden.
Für das Reinigen von Elektrokästen ist eine Betriebsanweisung zu erstellen.
6.6 Arbeiten an landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten
Das Befahren von Behältern für Dünge- und Pflanzenschutzmittel an landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten ist nicht zulässig.
Unter Befahren ist das Einsteigen und der Aufenthalt von Personen in Behältern zu verstehen. Sind Arbeiten in solchen Behältern zwingend erforderlich, dürfen sie nur auf Grundlage eines speziellen Schutzkonzepts des Herstellers und von besonders geschulten Personen ausgeführt werden.
In jedem Falle sind die Maßnahmen nach Punkt 5.10 zu berücksichtigen.