8 Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden

Nach den Bauordnungen der Länder dürfen von baulichen Anlagen keine Gefahren ausgehen, die Leben oder Gesundheit der Gebäudenutzer gefährden. Besteht eine konkrete Gefahr, sind die Bauaufsichtsbehörden verpflichtet, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu fordern.

Im Falle von Asbest wurde zur Gefährdungsbeurteilung und Gefahrenabwehr die "Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden" (Asbest-Richtlinie) erarbeitet. Die Asbest-Richtlinie gilt als Technische Baubestimmung und ist für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte verbindlich. Sie gilt nicht für Asbestzementprodukte, z. B.Wellplatten, ebene Platten, Rohre oder dergleichen.

Die Dringlichkeit einer Sanierung wird nach der Asbest-Richtlinie mit Hilfe eines Formblattes (siehe Anhang) festgestellt. Das Gefährdungsrisiko wird dabei u.a. an Kriterien wie Asbestart, Oberflächenstruktur, Lage des Produkts und Raumnutzung bewertet. Den Kriterien sind Bewertungspunkte zugeordnet, aus deren Summe sich die Dringlichkeit der Sanierung wie folgt ergibt:

Ergibt sich die Dringlichkeitsstufe I muss unverzüglich saniert werden, weil in diesem Fall von einer konkreten Gefahr im Sinne der Bauordnungen ausgegangen werden muss. Bei den Dringlichkeitsstufen II oder III besteht bauaufsichtlich erst dann Handlungsbedarf, wenn sich aufgrund nachfolgender Neubewertungen die Dringlichkeitsstufe I herausstellt.

Muss saniert werden, unterscheidet die Richtlinie drei Verfahren:

Alle drei Verfahren gelten bei sorgfältiger Ausführung nach den "Asbestrichtlinien" als "dauerhafte Maßnahme".

Typische schwach gebundene Asbestprodukte sind neben Spritzasbest insbesondere Brandschutzplatten. Auch CV-Beläge oder die in der ehemaligen DDR hergestellten Plattenarten Baufatherm, Sokalit und Neptunit zählen zu schwach gebundenen Asbestprodukten. Sie müssen nach der Asbest-Richtlinie bewertet und gegebenenfalls saniert werden.
Bei der Sanierung von schwach gebundenen Asbestprodukten sollte als Sanierungsmethode vornehmlich das "Entfernen" gewählt werden, da alle anderen Methoden (Beschichten, räumliche Trennung) erfahrungsgemäß nur zu einer Verschleppung des Problems führen.

Asbestzementprodukte oder sonstige festgebundene Asbestprodukte mit einer Rohdichte von mehr als 1400 kg/m3 haben in der Regel einen Asbestgehalt von weniger als 20 %. Aufgrund des hohen Bindemittelgehalts sind die Fasern fest eingebunden. Nach heutiger Erkenntnis gehen von diesen Produkten im eingebauten Ruhezustand keine konkreten Gesundheitsgefahren im Sinne der Bauordnungen der Bundesländer aus. Die Produkte müssen deshalb weder bewertet noch saniert werden.

Wenn auch im eingebauten Zustand von fest (stark) gebundenen Asbestprodukten keine Gefährdung ausgeht, können doch bei unsachgemäßer Behandlung oder Bearbeitung erhebliche Fasermengen freigesetzt werden, so z. B. beim Brechen, Zerschlagen, Schleifen, Fräsen oder bei Abrieb. Eine Bearbeitung von Asbesterzeugnissen mit oberflächenabtragenden Arbeitsgeräten ist deshalb nicht zulässig (s. Abschnitt 4.3.5).